Tindersticks - Falling down a mountain
4AD / Beggars / IndigoVÖ: 22.01.2010
Wassermusik
Jetzt sind die Tindersticks also doch beim Öl gelandet. Vor der Veröffentlichung des melodramatischen "The hungry saw" hätte darauf nicht einmal mehr Stuart A. Staples Westen-Schneider gewettet. Waren die Veröffentlichungen der Band im letzten Jahrzehnt bis dahin eher Grenzgänger des guten Geschmacks, war das Intro von "Yesterdays tomorrows" jeden Seufzer der Erleichterung wert: Die Tindersticks hatten sich offenkundig wieder gefunden. Die süßliche Ranzigkeit war faustischem Existenzialismus gewichen und die Songs wieder so schön, wie der pochende Schmerz im Herzen. "Falling down a mountain" bohrt an dieser Stelle weiter.
Die Farben sind gut gewählt: Wirkt das Cover wie ein Ausschnitt eines Bildes von Caspar David Friedrich, so ist es auch entsprechend reflektierend. Ausgelotet werden die Ebenen zwischen Hoffnung und Verdruss, Melancholie und Depression, Folk und Soul. Grob über den Daumen gepeilt: die richtige Farbpalette. "Peanuts" ist solch ein wundersamer Tupfer aus dem Farbkreis: Tom Waits' Muse Mary O'Hara singt mit Staples im Duett, bestäubt den federleichten Song mit ihrer schönen Stimme. Man hört da ganz genau hin, um bloß nichts zu verpassen.
Doch hat die Platte ihren großen Moment schon zu Beginn. Die ersten Sekunden klingen nicht gerade versöhnlich, eher bedrohlich. "Falling down a mountain", der Titelsong, inszeniert sich als flirrender Schemen, als Schwarm Moskitos, als süßlicher Sumpf im tiefen Inneren Afrikas. Fiebrig kommt es daher, neblig wie eine Vision, einnehmend wie ein Virus, heiß wie die Sonne. Joseph Conrad hätte anhand dieses Songs sein "Herz der Finsternis" schreiben können. Ohne es zu wissen, ahnt man bereits: Besser hätten die Tindersticks das neue Jahrzehnt nicht einleiten können.
Gönnt sich die Band mit Staples als seichtem Crooner in "Harmony around my table" zwar einen deftigen Ausfall, wird dieser doch locker weggewischt. Der Roadtrip von "She rode me down" setzt da zum Beispiel all sein Temperament entgegen. Und die Velvet-Underground-Hommage "No place so alone" seine ganze Drogenpracht. So wird "Falling down a mountain" ein ziemlich rundes Album, das dem Hörer seine Niedertracht und Schlechtigkeit einmal um die Ohren pfeffert, um ihn am Ende doch noch versöhnlich in den Alltag zu entlassen. Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Die Tindersticks haben ihres wieder fester geschnürt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Falling down a montain
- Peanuts
- She rode me down
- No place so alone
Tracklist
- Falling down a mountain
- Keep you beautiful
- Harmony around my table
- Peanuts
- She rode me down
- Hubbards hills
- Black smoke
- No place so alone
- Factory girls
- Piano music
Im Forum kommentieren
Gordon Fraser
2015-02-07 18:57:00
Tolles Nacht-Album, wie eigentlich alle Tindersticks-Sachen. Gerade das Finale - die letzten drei Stücke - ist grandios.
Gordon Fraser
2011-10-04 18:45:59
Ah, ich hätte wetten können dass ich irgendwann letztes Jahr vermerkt habe wie toll ich das Album finde. Nach dem eher flügellahmen "The Hungry Saw" war das wirklich ein toller return to form.
Hogi
2011-10-04 18:42:16
find eigentlich alle Alben ziemlich gut und auf gleichem Level, auch wenn sie sich mit der Zeit leicht verändert haben...
Gibt von denen eigentlich keinen echten Ausfall bisher.
IFart
2011-10-04 18:02:33
gerade mal wieder gehört.
Herbstzeit = Tindersickszeit.
Eigentlich echt gut. Bei den Tindersticks vergleicht man nur alles immer mit den ersten beiden Alben, und an die kommt eben nichts ran.
The MACHINA of God
2010-08-17 22:54:44
Waren live sehr angenehm...
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