Clara Luzia - The ground below
Asinella / Broken SilenceVÖ: 23.10.2009
Ötzi und kein Ende
Die meisten hat Christina Stürmer. Aber auch DJ Ötzi und Falco stehen nicht schlecht da. Die Erste Allgemeine Verunsicherung hat ihn bisher nicht im Regal, aber das kann ja noch werden. Und seit 2008 dürfen sich auch Clara Luzia als Botschafter der österreichischen Musik verstehen, denn da ging der größte Musikpreis des Landes, der Amadeus Austrian Music Award, an die kleine Indie-Band der gleichnamigen Frontfrau. Zum Glück in der Sparte Alternative, denn immerhin stehen die Wiener dadurch nicht direkt in einer Reihe mit anderen, weitaus schlechteren heimischen Acts. Eigentlich tut man Clara Luzia bereits dadurch Unrecht, dass man sie überhaupt im gleichen Absatz wie DJ Ötzi erwähnt. Deswegen fangen wir besser noch einmal von vorne an.
Ob man es glaubt oder nicht: Österreich hat viel mehr zu bieten als technoid jodelnde Wollmützenträger und alternde Spaßkapellen. Zum Beispiel die bereits mit einem Amadeus Austrian Music Award ausgezeichnete kleine Indie-Band der gleichnamigen Frontfrau Clara Luzia, die anno 2008 den Preis für ihr zweites Studioalbum "The long memory" abräumten. Rund zwei Jahre später schieben sie nun ihr Drittwerk "The ground below" nach. Und wenn es dafür keinen weiteren Award gibt, weil aus Österreich dieses Jahr mit Sicherheit nichts Schöneres mehr kommen wird, dann fresse ich Gerry Friedles Mützchen. Oder wahlweise den Besen seiner Frau, falls die nicht gerade damit unterwegs ist. Ups, jetzt ist es schon wieder passiert. Echt ötzend. Aber weiter in Text und Album.
Die ersten beiden Songs legen die Latte, an der sich andere messen lassen müssen, nämlich recht hoch. "Queen of the wolves" ist herrlich unprätentiöser Indie-Pop mit feiner Melodie, der in seinen rund zweieinhalb Minuten kaum besser hätte sein können und vom ersten bis zum letzten Ton größten Charme entfaltet. "All I wish for" besticht durch einen Humpa-Humpa-Soundteppich und bezaubernde Unbeholfenheit. Das luftige "Old house for sale" und die düstere Melancholie von "Bleed" reihen sich mühelos in die Stimmung zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt ein, indem sie durch die Melange aus Cello, Viola und Klavier eine ausgesprochene Grazie an den Tag legen.
Bei aller Schönheit hätte "The ground below" aber ruhig etwas kompakter und kürzer ausfallen dürfen. Die Spannung hält nicht über die gesamten 50 Minuten, und die deplatzierte Rap-Einlage bei "Faces" tendiert gar zum Nervigen. Irgendwann möchten die Gedanken eben spazieren gehen und nicht mehr auf dem Boden der Tatsachen bleiben, wenn da zu viel Schönklang und nett verspielter Gitarrenpop am Stück herumliegt. Clara Luzia wären besser beraten gewesen, das elegisch-verträumte, über sechsminütige "The gardener of the ground below" ans Ende zu stellen und auf einiges Füllmaterial zu verzichten. Trotzdem hat dieses Album natürlich bedeutend mehr zu bieten als Christina Stürmer und DJ Ötzi, wenn die ihr ganzes Talent zusammenlegen. Huch, da war er wieder! Doch es bleibt dabei: "The ground below" zählt zum Zauberhaftesten, was es in den letzten Monaten aus Österreich zu hören gab.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Queen of the wolves
- All I wish for
- Old house for sale
Tracklist
- Queen of the wolves
- All I wish for
- Faces (feat. E. McGlynn)
- I found a stone on the wayside
- These lines
- Old house for sale
- Two of them
- Headlong
- Bleed
- The gardener of the ground below
- Tired city
- Here comes
- Petah pan
- Ten-legged-family
Referenzen
Spotify
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