
Les Savy Fav - Go forth
Southern / EFAVÖ: 24.09.2001
Die Rappelkiste
"What we don't know cannot hurt us" - Ein Slogan, so nah am Zeitgeist wie einst Nirvanas Urschrei "Here we are now entertain us", ätzt sich schon zu Beginn von "Go forth" in den Gehörgang. Tim Harrington, Frontmann von Les Savy Fav, tritt dabei auf wie der aufmüpfige Punk von der Kunstschule, der Pop von seiner Zwangsjacke befreit. Ganz nebenbei wird er auch noch dazu verführt, ein paar dieser lustigen "Pills" zu probieren, von denen ein Song erzählt. Und was kriecht zwischen seinen Beinen hervor? Rumpelnde Rhythmen, fiese Gitarrenkratzereien und überdrehte Gesangslinien, die miteinander um die Wette kreischen. Mutter ist glücklich, und Dissonanz is the new Harmonie.
Angestiftet von Phil Elk, der schon Modest Mouse und Built To Spill in die Soundsuppe spuckte, schweißt der Vierer aus Brooklyn die niederen Instinkte ihrer Mitmenschen zu einer scheppernden Einheit zusammen. "Can we declare, though scared / This room to be a sovereign state / Where citizens share skins and sins and copulate?" Subtil wie die Mauer auf der Überholspur der Autobahn bauen die New Yorker mit melodiegewordenen Widerhaken eine Spannung auf, die man dem holpernden, aber niemals ungelenk wirkenden Geschrammel niemals zugetraut hätte. Beinahe beiläufige Ohrwürmer klingen, als hätte man sie fleißig Molotow-Cocktails schlürfen lassen. Damn hot, babies.
Scheinbar Zerbrechliches wie "Daily dares" umspielt den Verstand mit versunkenen Klängen, bis plötzlich wieder Harrington hervorspringt und einem mitten ins Gesicht plärrt. Im beinahe ergreifenden "Melancholy" verstecken sich Les Savy Fav hinter merkwürdigen Metaphern und holen mit leichtfüßiger Schwermut ganz unamerikanisch die Flagge ein. "Irgendwie sind wir eine Popband", erklärt die Band sich selbst. "Du kannst es Dir einmal anhören, und es rutscht direkt in Dein Unterbewußtsein. Und wenn es einmal da ist, fängt es an, schmutzige Spielchen mit Dir zu spielen." Hier herrscht also Vorsatz, Herr Richter. Doch die Geschworenen haben diesen lärmenden Bastard längst in ihr Herz geschlossen.
"If the orgasms we fake / Take their toll and take the cake / Why do they suppose we're better off in bed?" Dies ist die dunkle Seite der Liebe. Harrington stellt dazu Fragen wie Seziermesser. Genauso scharfsinnig wie die Texte zerschneiden auch die Seth Jabours Riffs die Luft wie rohes Fleisch. Doch die ungestüme Meute will nicht nur zerlegen. Statt dessen setzt man alles, was seit Mitte der Siebziger als Untergrundbeschallung herhalten durfte, wie Bauklötze wieder zusammen. Während der Zuhörer noch versucht, die einzelnen Steine wie New Wave, Indierock und Punk genau zu ertasten, sind Les Savy Fav schon längst eine Mauer weiter. Und am Ende wartet die Auslaufrille.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Trajic monsters
- Disco drive
- Melancholy
Tracklist
- Trajic monsters
- Reprobates resume
- Crawling can be beautiful
- Disco drive
- The slip
- Daily dares
- Melancholy
- Pills
- Adoption
- No sleeves
- Bloom on demand
- Scratch
Referenzen
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