Them Crooked Vultures - Them Crooked Vultures

RCA / Sony
VÖ: 13.11.2009
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Große Erwartungen

Josh Homme! Dave Grohl!! John Paul Jones!!! War das "Super" in "Supergroup" je berechtigter? Die kollektive Hyperventilation der Internetgemeinde je verständlicher? Selbst eingefleischte Audio-Dinosaurier strichen sich die seit 1980 ungewaschene Kutte glatt und schalteten ihre Jack-Black-DVD-Dauerschleife auf Pause, um den Verlauf des Spektakels um die zwei Rock-Giganten und den einen Rock-Titan mitzuverfolgen. Was nicht verwundert, denn schon die Protagonisten selbst sind ein Versprechen: eines von der Fusion des monumentalen Hardrock der 1970er mit der vielleicht besten Version moderner Rockmusik. Und die Nadel des Testosteron- und Coolness-Barometers zappelt bei Homme/Jones/Grohl ja bereits bei jedem einzelnen von ihnen nervös am Maximum. Schon vor dem ersten Ton sind Them Crooked Vultures ein leibhaftiger Jungentraum - für den Hörer ebenso wie mutmaßlich für Grohl und Homme.

Was dieses Trio Infernale mit "Them Crooked Vultures" hinlegt, ist dann so gewaltig wie logisch: ein rohdiamantener Brocken von Album, ungeschliffen zusammengejammt aus Versatzstücken der jeweiligen Hauptbands der Künstler. Hommes markanter Gesang und die kratzbürstigen Queens-Of-The-Stone-Age-Gitarren drücken dem Album deutlich ihren Stempel auf, von Jones kommen hauptsächlich der stoische Led-Zeppelin-Bass und die ausufernde Jam-Attitüde hinzu, und um die Pop-Orientierung der Foo Fighters zu hören, muss man schon aufmerksam in die Struktur von Songs wie "Bandoliers" hineinhören. Them Crooked Vultures sind keine Band, bei der die Einzeltalente Synergien freisetzen - hier macht jeder der Musiker das, was er immer macht, und spannenderweise fügt sich all das zu einem mächtigen, neuen Sound zusammen.

Eigentlich hat man es sich genau so vorgestellt. Mit Abstrichen: Bis nach der Hälfte des Songs der ekstatisch stampfende Zeppelin-Groove eine Bresche hineinschlägt, bleibt der Opener "No one loves me & neither do I" etwas zu abwartend, und auch Hommes erprobte Kopfstimmen-Vocals heben "Mind eraser, no chaser" nicht so deutlich wie gehofft über den Durchschnitt. "New fang" dagegen ist endlich der erwartete Übersong: Schon im Intro macht Grohl mit seiner Einladung an alle Lufschlagzeugspieler eindrucksvoll klar, was für ein überragender Drummer er doch ist, der Bass zieht rücksichtslos nach vorne, die Gitarre kontert das Groovemonster atemberaubend mühelos, und Homme haut eine Gesangsmelodie raus, die wie Kokain für Audiophile wirkt. Das folgende "Dead end friends" zeigt Homme gleich noch einmal in Hochform, die psychedelisch angehauchten Gitarren tragen den zurückgelehnten Song zu seiner hypnotischen Hookline - ein Paradebeispiel dafür, wie man mit wenig Aufwand große Wirkung entfaltet.

Meistens aber packen Them Crooked Vultures schweres Gerät aus: Vor einem tonnenschwer dahertrampelnden Zwitter zwischen Punk-Hyjäne und Stoner-Godzilla wie "Elephant" kann man als Hörer eigentlich nur kapitulieren, und beim urgewaltigen "Reptile" zersägt Homme mit Sprechsingsang und Zappel-Akkorden das um die Ecke grüßende "Kashmir". Spätestens, wenn sich "Warsaw or the first breath you take after you give up" in einen minutenlangen, verhallten Jam verabschiedet, gerät der Hörer in Konflikt mit seiner Erwartungshaltung: Er hört den Spaß beim Spielen, die Weltklasse, er ist neugierig auf jede weitere Wendung, jeden Groove, jedes Riff, er hört auch die irritierend friedliche Koexistenz von Hardrock, Stoner und Popmelodie - aber mit geschlossenen, ausgearbeiteten Songs hat das wenig bis nichts zutun. Ohne Liebe zum Jam ist man hier verloren.

"Caligulove" macht es dem Hörer leichter: Urgewalt light, im Gewand eines zunächst straighten Rockers, in den Jones sein bis hierhin breitestes Orgelsolo hineinspielt. "Gunman" gönnt sich dann den einzigen Diskobeat des Albums und schrammt nur knapp am Hit-Prädikat vorbei, weil dem Song die Abwechslung fehlt, die in den Jam-Monstern vorherrscht. Wieder einmal ist man als Hörer Opfer seiner Erwartungen: "Niemand sonst hätte so ein Album hingekriegt, da steckt unheimlich viel Energie und Können drin", raunt der Engel von links. "Berührt mich emotional kaum, ich wollte greifbare Songs, die hängenbleiben, keine uferlose Instrumental-Onanie", greint der Teufel von rechts. "Songs for the deaf" heißt die unbarmherzige Referenz, an der sich Them Crooked Vultures messen lassen müssen, eventuell noch "IV" von Led Zeppelin. Gegen solche Meilensteine der Beteiligten ist "Them Crooked Vultures" nicht mehr als ein eingefangener Nachmittag im Proberaum. Oder in hässlicheren Worten: Die vielleicht beste Rockplatte des Jahres ist eine starke Not-, aber keine Erlösung. Immerhin das Meckern ist damit auf höchstem Niveau.

(Dennis Drögemüller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • New fang
  • Dead end friends
  • Caligulove

Tracklist

  1. No one loves me & neither do I
  2. Mind eraser, no chaser
  3. New fang
  4. Dead end friends
  5. Elephants
  6. Scumbag blues
  7. Bandoliers
  8. Reptiles
  9. Interlude with ludes
  10. Warsaw or the first breath you take after you give up
  11. Caligulove
  12. Gunman
  13. Spinning in daffodils
Gesamtspielzeit: 67:10 min

Im Forum kommentieren

Felix H

2019-05-12 11:04:07

Über die Platte hinweg fehlen mir ab und zu markante Stellen. "Warsaw" ist so ein Ding, das gut groovt, aber nicht die zündende Idee hat.
"Spinning In Daffodils" für mich auch bester Song.

MopedTobias (Marvin)

2019-05-12 00:27:30

Gunman ist mein Lowlight, der ist bis zum ersten Anti-Refrain ganz geil, aber sie hätten sich für diese fünf Minuten gerne mehr einfallen lassen können.

Highlights: Opener, Dead End Friends, Elephants, Bandoliers, Daffodils

The MACHINA of God

2019-05-12 00:19:31

Ich find fast "Gunman" am besten.

Old Nobody

2019-05-12 00:12:04

Jau, Spinning in Daffodils etwa knallt immer wieder gut :)

Affengitarre

2019-05-12 00:04:30

Die müsste ich auch mal wieder hören, sind viele geile Groovemonster drauf.

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