Ghostface Killah - Ghostdini Wizard of Poetry in Emerald City
Def Jam / UniversalVÖ: 25.09.2009
NSFW
Wer heute noch etwas ernsthaft Schockierendes tun möchte, muss entweder ein Baby auf offener Bühne abstechen oder sich vertrauensvoll an Ghostface Killah wenden. Der Spezialist für allerlei Ekelhaftes und beste MC des Wu-Tang Clan tut sich nicht nur seit Jahren mit Artwork hervor, das selbst für Gangsta-Rap-Verhältnisse ein alarmierendes Maß an Geschmacklosigkeit demonstriert. Zuletzt war er auch auf Raekwons bitterkaltem Instant-Klassiker "Only built 4 Cuban linx... pt. II" in seiner Paraderolle als menschenverachtendes Crack-Rap-Muttertier zu hören und staubte dabei wie selbstverständlich die größten, fiesesten und beunruhigendsten Zeilen ab. Viel mehr kann es in dieser Richtung nicht zu holen geben - das weiß auch Ghostface Killah, der deshalb mit seiner neuen Platte ein paar Schichten Dickhäutigkeit abstreift und sich stattdessen das Kostüm seines Sexprotz-Alter-Egos Ghostdini überwirft. Unnötig zu erwähnen: dass es bei diesem Mann auch im Bett nicht eben zimperlich zugeht.
"Ghostdini Wizard of Poetry in Emerald City" hat eine Menge der Dinge, die jedes großartige Ghostface-Killah-Album hat: sorgfältig ausgesuchte Soulsamples, detailversessenes Storytelling und eine Großmäuligkeit, die andere noch nach 20 Silikonspritzen nicht erreichen könnten. Vor allem aber ist es der Schlenker Richtung R'n'B, den Ghostface beinahe schon ebenso lange auf der Liste hatte wie sein nach wie vor unfertiges Kollabo-Album mit Raekwon und Method Man. Jetzt also geht es um Drogen, die man gegen Rezept sogar in der Apotheke kriegt, und - das ist der Punkt des Ganzen - um Ideen von Frauen, Sex und Beziehungen, die ähnlich überzogen, haarsträubend und brüllkomisch vorgelebt werden wie die Blutrünstigkeit in Quentin Tarantinos "Kill Bill". Falls hier die falschen Leute richtig zuhören, könnte es Ärger geben.
Und es ist ja auch so: Wer sich die explizite, sehr anschaulich beschriebene Fickmusik von "Stapleton sex" anhören kann, ohne danach drei "Ave Maria" und mindestens zwei "Vaterunser" aufsagen zu wollen, hat eindeutig zu viel Porno auf der Festplatte. Geschrieben wurde der Track mit ein paar warmen Gedanken über Natalie Portman im Kopf, und herausgekommen sind dabei einige der lustigsten Zeilen, die einem auf Basis eines dramatisch verzerrten Frauenbilds einfallen können. Möchte man vermuten. Und lieber nicht zitieren. Festzuhalten bleibt stattdessen, dass auch in den zwölf anderen Tracks der Platte rumgehurt, geschwängert und aus allen denkbaren Winkeln gevögelt wird, bis einem schon vom Zuhören die Eier glühen. Ghostface macht eben keine halben Sachen.
Für "Ghostdini Wizard of Poetry in Emerald City" ist das wichtig, weil zwischen all den Blowjobs und Cumshots dadurch quasi das Qualitätsgütesiegel der ganzen Veranstaltung mitgeliefert wird. Auch wenn ihm die eigene Morgenlatte einmal quer durchs Hirn schießt, bleiben Ghostface nämlich noch seine Beobachtungsgabe und das Händchen für gut erzählte Geschichten, mit denen er die Betrugs- und Rachephantasie von "Guest house" in beeindruckender Bildlichkeit nachvollzieht. Gebrochen wird die allgemeine Härte außerdem durch Anflüge von Reue und Selbstironie, die etwa mit "Baby" einige von Ghostfaces folgenschwereren Fehltritten beleuchten. Dass "Goner" allerdings von einem schwachbrüstigen Justin-Timberlake-Soundalike gesungen wird und auch die anderen Hooklines größtenteils von bedeutungslosem R'n'B-Kanonenfutter kommen, wirkt den Absichten des Albums entschieden entgegen. Wer so sehr auf Größe setzt wie Ghostface Killah, sollte sich eben nicht mit heruntergelassener Hose erwischen lassen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Not your average girl
- Stapleton sex
- Stay
- Guest house
Tracklist
- Not your average girl (feat. Shareefa)
- Do over (feat. Rahim "Radio" DeVaughn)
- Baby (feat. Rahim "Radio" DeVaughn)
- Lonely (feat. Jack Knight)
- Stapleton sex
- Stay
- Paragraphs of love (feat. Vaughn Anthony & Estelle
- Guest house (feat. Fabolous)
- Let's stop playin' (feat. John Legend)
- Forever
- I'll be that (feat. Adrienne Bailon)
- Goner (feat. Lloyd)
- She's a killah (feat. Ron Browz)
- Black like that (Remix) (feat. Kanye West & Ne-Yo)
Referenzen
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