The Raveonettes - In and out of control
Fierce Panda / CargoVÖ: 09.10.2009
Wilde Herzen
Lieder über Geisterreiter, Verfolgungsjagden mit der Polizei und die Gedärme des Leibhaftigen, Cover im Stile alter B-Movie-Plakate und ascheimeriger Garage-Rock'n'Roll - es gab eine Zeit, da die Raveonettes den Ruf einer dänischen Ausgabe der White Stripes genossen. Bis Sune Rose Wagner und Sharin Foo dann mit gemeinen Feedback-Schlaufen und düster-verführerisch gehauchten Phil-Spector-Chorälen aufwarteten. Was bei "Lust lust lust" zuletzt in einer Art Shoegaze ohne Sehschärfe resultierte. Vorsichtshalber stellte das Duo die Songs von "In and out of control" also vorab in Demoversionen zum Herunterladen auf die Bandwebsite, um in Erfahrung zu bringen, was die Fangemeinde dazu sagt. Basisdemokratie schadet eben nie.
Ebensowenig wie ein erfolgserprobter Produzent. Thomas Troelsen, sonst eher für seine Arbeit mit Monrose, Sarah Connor oder No Angels berüchtigt, hat den beiden das überbordende Soundgewand zweckmäßig enger genäht - zumal sie eigentlich immer schon Pop sein wollten. Obwohl Zeilen wie "The kids wanna fuck out in the street / Fun fun fun all summer long" oder "Every time you overdose, I rush to intensive care / If this is the last dance, save it for me baby" wahlweise an die Gründerzeit des Bubblegum-Rock oder an ein Fixer-Roadmovie gemahnen, das man schon mindestens zehn Mal gesehen hat. Die Raveonettes lassen diese ungestüme, angedreckte Romantik jedoch nie zur Pose erstarren, sondern brausen mit genauso wildem Herzen durch ihre neuen Songs wie einst Nicolas Cage und Laura Dern mit überhöhter Geschwindigkeit über die Leinwand.
Dass sie dabei weder testosteronhaltigem Heavy-Rock noch zuckrigen Schnulzen auf den Leim gehen, ist ihnen auf "In and out of control" hoch anzurechnen. Stattdessen schwelgt "Bang!" direkt zu Anfang im maschinellen Midtempo des "Automatic"-Albums von The Jesus And Mary Chain und pflückt am Wegesrand so zauberhafte Surfgitarren-Blümchen, dass man ihnen das schmutzige Wort im Refrain gerne nachsieht. "Gone forever" punkrockt sich in Richtung LSD-haltige Ramones und überdeckt so weitestgehend das elektronische Beatgerüst. In manchen Garagen sollen schließlich immer noch alte Rhythmusmaschinen herumstehen. Die auf diesem Album zuweilen an ihre Grenzen getrieben werden.
Beim sehr schön über äußerst unschöne Dinge säuselnden "Boys who rape (should all be destroyed)" etwa scheint der Drumcomputer jeden Moment an Herzversagen einzugehen, bevor ihm psychedelischer Twang zu Hilfe kommt. Und im nach kurzer Anlaufphase orgiastisch hämmernden "Suicide" entleibt sich die Beatbox dann um ein Haar selbst. Zugegeben: Das ist fast nichts gegen das vernichtende Inferno aus weißem Gitarrenrauschen, das "Break up girls!" kopfüber in ein Stahlbad taucht, aus dem sich mit Verspätung noch ein richtig guter Song emporarbeitet. Das zauberhaft in eine schmierige Nachtbar einschwebende "Wine" hat am Ende fast die Qualität eines Abspanns - auch wenn das Filmposter-Artwork diesmal fehlt. Doch ansonsten ist alles da. Und besser als je zuvor.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Bang!
- Last dance
- Boys who rape (should all be destroyed)
- Break up girls!
Tracklist
- Bang!
- Gone forever
- Last dance
- Boys who rape (should all be destroyed)
- Heart of stone
- Oh, I buried you today
- Suicide
- D.R.U.G.S.
- Breaking into cars
- Break up girls!
- Wine
Referenzen
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