Atreyu - Congregation of the damned
Roadrunner / WarnerVÖ: 23.10.2009
Von gestern
Zugegeben, der ein oder andere wird das ohnehin schon bemerkt haben: Auch wir sind nur Menschen. Auch wir machen Fehler. So etwa vor sieben Jahren, die Heimat war fern, die Textabgabe nah. Atreyus erste Platte "Suicide notes and butterfly kisses" ist rückblickend natürlich eine Frechheit. Sie polterte mittenrein in den Erstsemester-Blues, einem Vierviertel-Takt voller Wehwut, Heimweh und Lernstress. Atreyu hatten es sich leicht gemacht: Ihre Gitarren hatten sie größtenteils aus Schweden geliehen, ihren Rest-Sound aus Nostalgie gemacht, und ihre Songs klangen ohnehin so, als stammen sie aus einer besseren Zeit. Sie waren der Streich, wir waren das Opfer.
Bei Lichte betrachtet war das damals schon so wie heute: Wären Atreyu und ihr Grunzer Alex Varkatzas jemals in seinem Vorprogramm aufgetreten, Chris Barnes hätte wohl vor Lachen glatt den Text vom "Human target"-Chorus vergessen. Überhaupt waren Atreyu bis dato sowieso immer die Art von Band, die eine Fortsetzung zu "FIFA Soccer" für eine radikale Idee halten würde. Denn auch bei ihnen gab es bisher reichlich Aufgewärmtes, auf der Sparflamme gepanscht. Aber da diese Seite Plattentests.de und nicht Bandtests.de heißt, haben sich auch Atreyu eine weitere Chance verdient. "Congregation of the damned" ist ja erst ihre wievielte noch gleich?
Auffällig auf "Congregation of the damned" ist zunächst, dass Atreyu alle Trends der letzten Jahre vom Start weg abnicken. Zu "Stop! Before it's too late and we've destroyed it all", "Bleeding is a luxury" und dem Titeltrack wechseln sie zwischen Radio-Strophen alle jene Radio-Refrains ein, die sie sich gerade erst woanders abgeschaut haben. Bedienten sie sich früher bei Schweden-Metal und den großen Label-Brüdern von Darkest Hour, greifen sie heute tief in die Tasche all der Emo- und Metal-Bands, deren Namen 15-Jährige auf ihren T-Shirts spazieren tragen. Wer es schafft, "Black days begin" zu hören, ohne abwechselnd an Panic! At The Disco, Aiden und Bullet For My Valentine zu denken, muss die letzten Monate Urlaub auf dem Mond gemacht haben. Referenzen aus der Referenz-Hölle, penetrant wie eine Plastik-Tüte voll mit Stinke-Socken. Und rührend wie Fan-Post aus der Young Miss.
Keine Minute dauert es meist, dann hat Alex Varkatzas ausgegurgelt. Und Atreyu schmonzen ungebremst in die Sorte Seifenblasen- Refrain, die klingt wie von Marketing-Menschen vordiktiert. Der Rubel rollt. "Congregation of the damned" wäre selbst dann ein teurer Ersatz zur Schlaftablette, wenn man es weit über Zimmerlautstärke aufdreht. In "Lonely" schrabbeln sich Atreyu knapp an einem Groove vorbei, der mit etwas Wunschdenken sogar funktionieren könnte, nur um danach in jenem immergleichen Alibi-Metal hängenzubleiben, der die ganze Platte verklebt wie Himbeerbrause, verschüttet auf's Lieblingsbuch. Wohin man hört: Musik, so genormt und geschmacksneutral, dass man sie mit einem Sixpack Zitronensaft nachspülen muss. Oder zumindest mit Atreyus erster Platte. Die war vielleicht bei Lichte betrachtet nicht mal gut. Aber immerhin konsequent von einem besseren Gestern.
Highlights & Tracklist
Highlights
- You were the king, now you're unconscious
Tracklist
- Stop! Before it's too late and we've destroyed it all
- Bleeding is a luxury
- Congregation of the damned
- Coffin nails
- Black days begin
- Gallows
- Storms to pass
- You were the king, now you're unconscious
- Insatiable
- So wrong
- Ravenous
- Lonely
- Wait for you
Referenzen
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