Kid Harpoon - Once

Young Turks / XL / Beggars / Indigo
VÖ: 25.09.2009
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Looking for freedom

Wenn David Hasselhoff zum Mittagessen vorbeikommt, sollte man sich ernsthaft fragen, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Aber wahrscheinlich kommt man gar nicht erst dazu, weil ein Hasselhoff keine halben Sachen macht. Und da hätten wir doch schon eine Gemeinsamkeit mit Tom Hull, für uns fortan Kid Harpoon: Nach der sympathisch hysterischen Schrammelfolk-Single "The river, the ocean, the pearl" und den beiden pragmatisch betitelten Veröffentlichungen "The first EP" und "The second EP", begann er in einem Londoner Studio die Arbeit an seinem Debütalbum "Once". Als bereits neun Songs fertig waren, stellte Kid Harpoon jedoch erschrocken fest, dass er mit dem Ergebnis so gar nicht zufrieden war. Was macht man in so einem Fall? Natürlich: die graue Eminenz fragen. Er bat also den Boss des Musikverlages, der ihn freundlicherweise unter Vertrag genommen hatte, um Rat. Der fand die Songs super, aber ihre Umsetzung suboptimal und erklärte "Once" spontan zur Chefsache.

Und dann musste Kid Harpoon sieben Monate lang warten, bis der Chef endlich Zeit hatte, sein Debüt zu produzieren. Der Gute trägt nämlich nicht nur viel Verantwortung, sondern auch einen großen Namen: Trevor Horn. Das ist der Mann, der mit seiner Band The Buggles "Video killed the radio star" sang und stolze 70.000 Pfund in das technische Equipment investierte, das aus einem Liedchen von eher minderer Qualität "Relax" von Frankie Goes To Hollywood machte. Seit Anfang der Achtziger produzierte er so ziemlich jeden, der keine Kunststoffallergie hatte - von den Pet Shop Boys über Grace Jones bis hin zum neuen Robbie-Williams-Album "Reality killed the video star". Horn flog also mit seinem Schützling Kid Harpoon für zwei Wochen nach L.A., stellte generös das Gästezimmer seiner Villa zur Verfügung, buchte ein paar hochkarätige Studiomusiker und dachte sich beim gemeinsamen Mittagessen mit Nachbar Hasselhoff (echt wahr) wahrscheinlich noch schnell die Arrangements aus.

Nicht auszudenken wäre es hingegen gewesen, wenn Horn die ursprünglich weitgehend akustischen Stücke einfach aufgepumpt, mit Marshmallows ausgestopft und silbern lackiert hätte. Aber derartige Vorurteile hatte er ja schon 2003 mit Belle & Sebastians "Dear catastrophe waitress" widerlegt. Denn auch wenn er sehr gut weiß, wie man artgerecht mit synthetischer Opulenz hantiert, liegen Horns große Kompetenzen auf "Once" ganz woanders: nämlich vor allem in der Raumpflege. Die zwölf Songs klingen beherzt entrümpelt und stilvoll eingerichtet, sorgfältig abgeschliffen und frisch gebohnert - ohne auch nur im geringsten nach zu viel Sauberkeit zu riechen. Die Arrangements sind clever, präzise, dynamisch und durchweg symbiotisch, die Texte unerwartet wortgewandt, und die Melodien wirken schon beim zweiten Hören wie alte Bekannte, obwohl sie wahrlich keine Allerweltsgesichter haben. Mit anderen Worten: Kid Harpoon ist äußerst talentiert.

"Once" beginnt mit einer nächtlichen Spritztour im geklauten Auto, passend dazu hängt "Stealing cars" sich eine funky Gitarre an den Rückspiegel, zwischen Wunderbaum und Mini-Discokugel. "Colours" liefert ein Paradebeispiel für die Farbenlehre des Lebens und Horns außergewöhnliche Fähigkeit, einen guten Song mit ein, zwei Kniffen noch besser zu machen. Am bemerkenswertesten ist aber Kid Harpoons Vielseitigkeit: Während das akustische "Buried alive" mit dezenten Streichern und ein paar Vibraphon-Tupfern wunderbar naturbelassen klingt, lodert bei "Burnt down house" ein stattlicher Bass. "Back from beyond" und "Marianna" hauen derweil die Akkorde raus, als stünde die Sperrstunde kurz bevor, "Death of a rose" blüht als dramatische Cabaret-Nummer auf, und der Titeltrack zaubert eine federnde Pianoballade in Moll aus dem Hut - mit hinreißend orchestriertem Instrumentalteil. Dafür, dass Kid Harpoon auf "Once" so oft ins Schwarze trifft, kann es nur eine Erklärung geben: Er hat mit Hasselhoff nicht nur gespeist, sondern auch gesoffen. Zielwasser auf Ex.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Stealing cars
  • Colours
  • Once
  • Death of a rose

Tracklist

  1. Stealing cars
  2. Colours
  3. Back from beyond
  4. Buried alive
  5. Burnt down house
  6. Flowers by the shore
  7. Once
  8. Hold on
  9. Running through tunnels
  10. Death of a rose
  11. Marianna
  12. Childish dreaming
Gesamtspielzeit: 40:18 min

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