The Twilight Sad - Forget the night ahead
Fat Cat / Rough TradeVÖ: 09.10.2009
Die unsichere Seite
Die eigene Kindheit aufzuarbeiten, kann ein unschönes Unterfangen sein. Das weiß niemand besser als James Graham, der dieses Thema auf The Twilight Sads Debüt erschöpfend und mit teils drastischem Nachdruck rekapitulierte. Texte, in denen die lieben Kleinen in Flammen stehen und Cover, auf denen sie ihre Eltern im Schlaf mit einem Kissen ersticken - es nahm nicht Wunder, dass "Fourteen autumns and fifteen winters" wirkte, als wären die Schotten nach den Aufnahmen fertig mit sich und der Welt in sich zusammengesackt. Zu aufreibend muss es gewesen sein, die Dämonen zu exorzieren, vor denen man bestenfalls bedingt entfliehen kann.
Nun hat die Band trotz des immer noch arg zerklüfteten Sounds die mitunter disparaten Monumente des Vorgängers auf ihrem zweiten Album so weit entschlackt, dass die Songs mehr Luft zum Atmen haben und einen nicht mehr so massiv gegen die Wand drücken wie zuletzt. Der auf stampfenden Drums und akzentuiertem Basslauf dahermarschierende Opener "Reflection of the television" lässt sich immerhin fast vier Minuten Zeit, bis ein zwischen orchestral und knirschig mäandernder Gitarrenteppich ausgebreitet wird. "I became a prostitute" fährt danach ganz hoch in den wolkenverhangenen Himmel, lässt den roh aufgebrochenen Sound dann aber in einen überraschend zurückgenommenen Refrain münden, während Graham mit krudem Akzent finstere Sachen von sich gibt: "If we do what we like / then we could be with you tonight / if we bleed you dry." Und jeder, der lieber nicht noch einmal nachfragt, was er da genau vorhat, tut wahrscheinlich gut daran.
Die verhältnismäßig eingängige Single "Seven years of letters" wächst sich von einer karg pochenden, halbakustischen Songminiatur zum orchestral schwelenden Monolith aus und löst mit unüberhörbar auf Sonic Youth gestimmten Gitarren verspätet die "Goo"-Hommage vom Artwork des Mini-Albums "(The Twilight Sad) killed my parents and hit the road" ein. Beim großartig unheilvoll anschwellenden "The room" kommt erneut das stoisch gespielte, blecherne Piano aus "Cold days from the birdhouse" zum Einsatz, während die Kinder in der Ecke mit irgendetwas Giftigem spielen. Wenn The Twilight Sad in ihr Wohnzimmer laden, muss man eben immer damit rechnen, dass sie einem auf den Pelz rücken. Sichere Seite geht anders.
In die industriellen Grenzbereiche von Shoegaze verirrt sich die Band hier nur selten, auch wenn sie bei "At the burnside" kurz vor Schluss mal eben ihre dickste Lärmbombe platzen lässt. Dazu legen Titel wie "The neighbours can’t breathe" den Schluss nahe, dass das Leben der anderen auch nicht besser ist als das eigene. Aber immer noch gut genug, um viele schmerzverzerrte Lieder darüber zu schreiben, bei denen sogar ein Titel wie "That birthday present" eine ungute Konnotation bekommt. Als würde einem ebendieses Präsent nach dem Auspacken mit genauso viel Getöse um die Ohren fliegen wie ausgesuchte Stellen dieses Albums. Eine beunruhigende Vorstellung. Böse Nacht, James Boy.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Reflection of the television
- I became a prostitute
- Seven years of letters
- The room
Tracklist
- Reflection of the television
- I became a prostitute
- Seven years of letters
- Made to disappear
- Scissors
- The room
- That birthday present
- Floorboards under the bed
- Interrupted
- The neighbours can't breathe
- At the burnside
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rainy april day
2023-06-15 02:47:43
Habe sie insgesamt vier mal gesehen, zwei mal als Support (für We Were Promised Jetpacks und auch 2015 für Editors) und zwei mal auf ihrer eigenen Tour. Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Nicht dass sie als Vorband nicht motiviert schienen, aber der Funke sprang irgendwie nicht so richtig über. Als Hauptact dagegen fand ich sie gerade bei der letzten Tour absolut überzeugend. Neben Graham haben sie jetzt mit dem neueren Drummer zumindest noch einen auf der Bühne der auch aus sich herausgeht. Dazu passten Sound und Licht, ergab einfach ein stimmungsvolles Gesamtbild. Bei der nächsten Tour (so sie denn kommt) nehme ich sie daher gerne wieder mit.
OMalley
2023-06-14 14:02:34
Ich habe sie vor den Editors 2015 gesehen und mir vorab die Setlist als Playlist zusammengestellt. Großartiger Set und sie kamen auch gut an.
https://www.setlist.fm/setlist/the-twilight-sad/2015/stadthalle-offenbach-am-main-germany-13f51d65.html
Die Platte danach hat mich weniger begeistert und irgendwie habe ich das Kölner Konzert kurz vor Corona verpasst.
Jetzt bei The Cure fand ich sie wieder gut, auch wenn ich die Setlist schwächer fand.
Allerdings war die Band jedesmal total farblos, ohne Persönlichkeiten. Lediglich der überragende Sänger hat die Sache optisch interessanter gestaltet.
rainy april day
2023-06-13 21:08:25
Auch meine liebste, The Room und dann The Birthday Present ist so ein brutales Doppel. Aber ich mag tatsächlich die neueren Alben auch alle sehr, sehe das im Grunde wie zeckezichter. Definitiv in den Top 5 meiner Lieblingsbands und obendrein mein Lieblingssänger.
zeckezichter
2023-06-09 00:05:32
Ist auch mein liebstes Album von ihnen, At the Burnside als closer löst bei mir immer noch einen Gänsehautregen aus. Ich finde aber auch ihre Entwicklung richtig gut, auch wenn dann die neuen Alben mich anders packen, dafür aber auch "tanzbarer" sind. Tolle Band.
Gomes21
2023-06-08 23:34:54
saugeiles Album, die ersten beiden bleiben einfach meine liebsten!
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