
Living Colour - The chair in the doorway
Megaforce / SonyVÖ: 18.09.2009
James Brown is dead
Reunions alternativer Rockbands purzeln derzeit aus dem Regal wie Sonderangebote beim Wir-hassen-teuer-Markt um die Ecke. Living Colour fallen dabei aber ein wenig aus der Rolle: Das übliche Set aus Livealbum, Best-Of und Resteverwertung gab's bei ihnen nach statt vor der Reunion. Schließlich hatte ihre Auszeit, begonnen mitten im von ihnen vorbereiteten Crossover-New-Metal-und-so-weiter-Boom, schon 2003 mit "Collideoscope" geendet, bei dem jedoch nicht nur das Wortspiel missglückte. Daher mussten sich Living Colour nicht nur einen Fuß, sondern gleich einen ganzen Stuhl in die Tür stellen, damit die nicht wieder gleich ins Schloss fällt.
Es gibt aber noch einen weiteren Grund für "The chair in the doorway": So bleibt genug Platz, um die fetten Grooves von Will Calhoun und Doug Wimbish sowie die derben Riffs von Vernon Reid durchzulassen. Dabei künden "The chair" und "DecaDance" davon, dass das andauernde Achtziger-Revival bald von Neunziger-Recycling abgelöst werden könnte: Das ist ziemlich dicke Hose, was Living Colour hier veranstalten, aber wenn jemand beim Funkmetal-Riffing der Tom-Morello-Schule klauen darf, dann ja wohl die Band, die diesen Sound überhaupt erst erfunden hat. Corey Glovers variantenreicher Gesang setzt dazu dann einen bemerkenswerten Kontrapunkt, denn zu "Crossing all over"-Zeiten wäre dazu nur gerappt worden. Er jedoch brüllt und zärtelt, gibt mal den Spandexrocker, mal den Souler und vermeidet dabei dennoch dumpfes Posing.
Corey Glovers Stimme kann aber vor allem deshalb strahlen, weil die angefressenen Parolen und funkensprühenden Riffs sich nicht im Wege stehen. Im Kampf zwischen Routine und Spielfreude entfaltet sich eine trockene Poppigkeit. Da mischt "Young man" Düsterrock mit Discogroove, und auch die mulmige Hymne "Method" strahlt dunkel. "Out of mind" donnert dann in Richtung Thrashhölle los, aber Glovers Soul hält die Dampframme noch auf dieser Seite des Fegefeuers. "That's what you taught me" und die Single "Behind the sun" hingegen gönnen sich sonnige Melodien. Auch der wuchtige Bluesrock von "Hard times" braucht kein effektheischenden Experimente, und der Dubgroove von "Bless those" lässt die Ärsche wackeln. Nach dem nichtssagenden Vorgänger knüpfen Living Colour endlich wieder an ihren Durchbruchknüller "Vivid" an. Die Neunziger können kommen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Method
- Behind the sun
- Bless those
Tracklist
- Burned bridges
- The chair
- DecaDance
- Young man
- Method
- Behind the sun
- Bless those (Little Annie's prayer)
- Hard times
- That's what you taught me
- Out of my mind
- Not tomorrow
- Hidden track
- Asshole
Referenzen
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