The Very Best - Warm heart of Africa

Moshi Moshi / Cooperative / Universal
VÖ: 25.09.2009
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Die Kulturmultis

Man stelle sich vor: Xavier Naidoo und Tiefschwarz laufen sich zufällig bei Ikea über den Weg. Beide interessieren sich für das gleiche Billy-Regal, das aber nur noch einmal vorrätig ist. Doch statt sich in die Wolle zu kriegen, sind sie sich auf Anhieb sympathisch und beschließen nach einer Portion Fleischbällchen, zusammen eine Platte aufzunehmen. Bei der man sich dann vielleicht wünschen würde, es wären ein paar mehr Einrichtungsgegenstände am Lager gewesen, damit einem diese Zusammenarbeit erspart geblieben wäre. In London läuft es hingegen etwas anders als im Rhein-Main-Gebiet: Dort trafen sich der malawische Sänger Esau Mwamwaya und das britische DJ- und Produzentenduo Radioclit in einem Second-Hand-Möbelladen und produzierten daraufhin ein Mixtape mit umarrangierten Indie-Hits und Pop-Klassikern, die Mwamwaya in seiner südostafrikanischen Muttersprache neu interpretierte. Läge das Wort Crossover nicht schon längst in der Schublade mit den musikalischen Wegwerfphrasen, man hätte es dafür eigentlich erfinden müssen.

Zu dieser Zeit konnte man freilich noch nicht wissen, dass es sich bloß um eine Aufwärmübung für das erste reguläre Album von The Very Best handeln sollte. Und auch auf diesem rührt die Band in einem hyperaktiven kulturellen Schmelztiegel, in dem sich hopsende Steel-Drums, Möbelwagenladungen virtueller afrikanischer Percussions, nervös glucksende Stolpergrooves und traditioneller Gesang befinden. Rituelle Anrufungen stehen neben Abrissbirnen-Grime und M.I.A.-Skits, beim Titelsong schaut gar Vampire-Weekend-Sänger Ezra Koenig für ein vorzügliches Stück Ethno-Indie vorbei. Bitter nötig, da The Very Best kurz zuvor bei "Chalo" mit vaselinehaltigen Keyboards und klebrigen Achtziger-Pomp-Versatzstücken noch ziemlich ins Klo gegriffen haben. Selbst der notorische Mory Kanté hat das mit seiner Kreischsäge "Ye ké ye ké" damals besser gemacht. Paul Simon und Ladysmith Black Mambazo auf "Graceland" sowieso. Immerhin: Der Wundertüten-Charakter von "Warm heart of Africa" wird hierdurch nicht geschmälert. Bei The Very Best weiß man, was man hat: auf jedem Track etwas Neues.

Bei "Nsokoto" etwa ein unterschwellig düsterliches Mantra auf rein perkussiver Basis, über das hypnotische Beschwörungen und lichtblitzartig aus der Studioecke herüberschallende Background-Zwischenrufe gelegt werden - so holt man aus musikalischem Minimum das Maximale heraus. "Julia" gefällt sich als zuckersüßer Popsong, der quietschend die elektronischen Indie-Hippies von MGMT bis Deastro parodiert. Und mit "Kamphopo", der lustig sprotzenden Umdeutung von Architecture In Helsinkis "Heart it races", hat es sogar ein Stück des erwähnten Mixtapes aufs Album geschafft. Herausragende Momente, die aber nicht verhehlen können, dass sich hier einiges nicht richtig mischen will und musikalischer und kultureller Background der Mitglieder sich zeitweise mehr beharken als ergänzen. Es darf einem beim nächsten Mal also ruhig noch etwas wärmer ums Herz werden. Bald fliegen schließlich schon wieder die Weihnachtsbäume aus dem Fenster.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Warm heart of Africa (feat. Ezra Koenig)
  • Nsokoto
  • Julia
  • Kamphopo

Tracklist

  1. Yalira
  2. Chalo
  3. Warm heart of Africa (feat. Ezra Koenig)
  4. Mwazi
  5. Nsokoto
  6. Angonde
  7. Julia
  8. Mfumu
  9. Ntendi uli
  10. Rain dance (feat. M.I.A.)
  11. Kamphopo
  12. Kada manja
  13. Zam'dziko
Gesamtspielzeit: 48:22 min

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