The Notwist - Sturm

Alien Transistor / Indigo
VÖ: 11.09.2009
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Windstille

Kann einem deutschen Film Besseres passieren als ein halbes Dutzend Auszeichnungen, darunter der Berlinale-Preis von Amnesty International und der Friedenspreis des Deutschen Films, und obendrein noch ein Soundtrack von The Notwist? Dass diese Band die sorgsamen Arrangements ihrer Songs auch in atmosphärischen Klangbildern ausleben kann, ist hinreichend bekannt. Durchfluteten ihre Klänge in Sebastian Schippers "Absolute Giganten" eine teils hektische, teils anrührende, teils melancholische Abschiedsnacht, gab die verwackelte Wärme von "Lichter" der innereuropäischen Zerrissenheit von Hans-Christian Schmidts Film eine klangliche Seele. Auch Schmidts neues Werk "Sturm", in dem die jugoslawischen Bürgerkriege am UN-Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag aufarbeitet werden, bekommt Musik aus Weilheim, die auch noch am symbolträchtigsten Jahrestag der jüngeren Zeitrechnung erscheint.

Wer nun schwere Kost vermutet, erlebt elf Postrockambientindietronic-Texturen beim Innehalten. Keine übertriebene Dramatik soll von den Bildern ablenken, und The Notwist sind Experten in subtiler Ausgestaltung. Wenn sich die Musik rührt, passt das zu den unangenehmen Emotionen, die "Sturm" verhandelt: Zweifel, Frustration, Gewissensbisse und vor allem reichlich Hilflosigkeit. Das erfordert viel Moll und kaum Groove. Selten sind die Stücke dabei mehr als kleine Details, meist gerade einmal zwei Minütchen lang. Melodien bestehen hier aus einer Handvoll getupfter Töne, Harmonien fallen auseinander und lassen ihre Bruchstücke davonschweben.

Die Körperlosigkeit der Klänge mag Ergebnis eines ausgeklügelten Prozesses sein, hat aber einiges von wenig ausformuliertem Brainstorming. In knapp 27 Minuten können sich kaum elf vollwertige Ideen entwickeln. Löst man sich von dem verwegenen Gedanken einer Fortführung der notwistschen Albumarbeit, kann man sich jedoch durchaus auf diesen "Sturm" einlassen.

Er bringt dunkle Wolken, die selten mit mehr als gedämpftem Klopfen unterlegt sind. Er regnet in kurzen Klangschauern, durch sphärische Beschallungen wie "Jan" oder "Prayer" drehen sich Tiefausläufer, und "Storm 1" und "Storm 2" schreiten stoisch an Windspielen vorbei. Gelegentlich weht mit dem winzigen Zittern eines Banjos gar ein Lichtjahre altes Echo von "The incredible change of our alien" herbei. Mal klackert es, mal reiben sich miniaturisierte Instrumente aneinander, und im doch einmal fast sechs Minuten langen Höhepunkt "Sarajevo 2" nagt ein hoppelndes Knirschen an den schwebenden Texturen. Wenn so die vertraute Spannung entsteht, macht dies die fragmentarischen Installationen mehr als nur interessant. Ohne die passenden Bilder droht jedoch immer das für The Notwist doch eher unerwartete Urteil, in innerer Leere verharren zu müsen.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Storm 1
  • The Hague
  • Storm 2
  • Sarajevo 2

Tracklist

  1. Vilina Kosa version
  2. Jan
  3. Sarajevo 1
  4. Prayer
  5. Simon
  6. Storm 1
  7. The Hague
  8. Jonas
  9. Storm 2
  10. Sarajevo 2
  11. Sturm 2
Gesamtspielzeit: 26:59 min

Im Forum kommentieren

humber humbert

2009-09-25 11:31:29

Der arme Hans-Christian Schmid. Sowas hat einer der besten deutschen Regisseure nicht verdient.

VelvetCell

2009-09-15 15:18:26

Ah!

Herzlichsten Dank!

mckfck

2009-09-15 14:25:23

nee, ist auch im ambient-bereich nicht wirklich toll. als score mags taugen, aber als album eher nebensächlich.

empfehle stattdessen: http://www.boomkat.com/item.cfm?id=226770

Hinweis

2009-09-15 14:15:32

The Notwist - Sturm

Hinweis

2009-09-15 14:13:48

Schau doch einfach mal im Thread über "The Notwist - Sturm" nach. Findest du, wenn du nach "Sturm" suchst. Oder nach "Notwist".

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