Yacht - See mystery lights

DFA / Coop / Universal
VÖ: 25.09.2009
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Am Ende des Tunnels

Irgendwo in einer Zwischenwelt verdient RWE entweder eine Mörderkohle, oder der Dreh mit den Energiesparlampen war dort schon früher bekannt. Jedenfalls brennt das ominöse Licht am Ende des Tunnels schon seit gefühlt tausenden von Jahren. Ob nun Halogen oder normale 60-Watt-Glühbirnen verwendet werden, ist von wiedererwachten Komapatienten bislang nicht überliefert worden. Was auch mit Sicherheit, selbst bei entsprechender Vermittlung, eher postoperativen Wahrnehmungsstörungen zugeordnet würde, denn einer detaillierten Berichterstattung über das Leben nach dem Tod. Oder was auch immer dazwischen ist.

Yacht beschäftigen sich auf dem Indie-Electronica-Experimental-Album "See mystery lights" auch kritisch mit dem Übergang von Diesseits und Jenseits: "Will we go to heaven or will we go to hell? / It's my understanding that neither are real", finden sie in "Ring the bell" und schlussfolgern in "The Afterlife": "It's not a place you go / It's a place that comes to you / And it's not about who you know or who is in your heart / It may come as a surprise but you are not alone / All that you have is not what you own." Zeilen, vorgetragen von Claire L. Evans, deren Stimme Referenzen zu Anne Clark zulässt und neutraler klingt, als jeder pH-Wert empfehlenswerter Seifen. Lediglich in "Psychic city (Version)" taut sie auf, aber auch nur, um verzerrt und übersteuert einen Gegenpol zu Karate-Kampfgeräuschen zu bilden.

Beleuchtet man die Welt rund um den schwarzen Gürtel, stehen gleich zu Beginn zwei einwandfreie Hits. "Ring the bell" schüttelt die Maracas, friemelt eine tropische Gitarre in clubbigen Sound und jagt Effekte auf die Vocals. "The Afterlife" gönnt sich ein Bad in den Elektrogefilden der 80er Jahre und schüttelt einen zuckenden Bass im Refrain aus dem Ärmel. Den Schwung nehmen Yacht gleich mit in den Flatterbass in "I'm in love with a ripper". Ein Backspin am Plattenteller bringt noch einmal kurz Ruhe, ehe die "Wuhu"s wieder die Überhand nehmen und der Ripper wieder Xylophone ersticht. Der "Party Mix" des Songs ist kein bloßes Recycling, sondern führt mit seiner deutlich housigeren Ausrichtung ein Eigenleben.

Für die Kombination boring / You can live anywhere you want" lassen sich Yacht fast neun Minuten Zeit. Deutlich zu lang für einen ereignisarmen ersten Teil, in dem "It's boring" geschätzte 87 Mal gerufen wird und dadurch in der Tat Langweile versprüht. Auch "You can live anywhere you want" strapaziert die Erträglichkeit an Wiederholungen, obwohl zunächst die Hi-Hat nach vorne treibt und kurz eine funky Bassline an Martin Solveig erinnert. Die electroclashigen Elemente kommen viel zu spät und befreien den Song zwar von seiner Lethargie, nicht jedoch von seiner Überlänge. Um so mehr punktet "Psychic city" mit seinem Stakkato-Gitarrenpart, Geräuschen eines tropfenden Wasserhahns und dem Flair von Sommer auf Barbados. Sogar deutlich mehr Sommer, als es der folgende "Summer song". Das sind die Momente, in denen Yacht strahlen. Immer dann, wenn sie eine zündende Idee ans Sonnendeck bringt oder geradewegs mit Ahoi-Brause ins Licht steuern. Yacht sollten einfach das befolgen, was Michael Schanze und Birgit Lechtermann immer gepredigt haben: Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr, wenn das Licht angeht.

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ring the bell
  • The afterlife
  • Psychic city

Tracklist

  1. Ring the bell
  2. The afterlife
  3. I'm in love with a ripper
  4. It's boring / You can live anywhere you want
  5. Psychic city
  6. Summer song
  7. We have all we've ever wanted
  8. Don't fight the darkness
  9. I'm in love with a ripper (Party Mix)
  10. Psychic city (Version)
Gesamtspielzeit: 45:14 min

Im Forum kommentieren

gn

2009-12-05 14:34:17

Hab' nun auch endlich mal die Zeit gefunden mich mit diesem Album zu befassen. Was soll ich sagen? Ich bin hin und weg... rennt mit ganz großen Schritten auf meine Jahresfavoriten zu, da müssen sich so einige noch warm anziehen. :)

Paul Paul

2009-09-26 12:59:07

Für mich nach wie vor Top-5 des Jahres.

sportsbruder

2009-09-18 09:08:38

damit war leider zu rechnen. haette eher noch mit 1-2 punkten weniger gerechnet. experimenteller popmusik fehlt hier einfach die lobby.

Paul Paul

2009-09-18 06:26:01

Ich find die "Lustlosigkeit" ihrer Stimme kombiniert mit den Texten irgendwie besonders gut. Was ich eigentlich sagen wollte: 6/10 sind mindestens zwei zu wenig.

Mixtape

2009-08-22 18:06:33

Inzwischen ist auch mein Eindruck besser, aber eigentlich hätte er das Projekt ruhig allein weiterführen können, ihre Stimme ist mir zu ausdruckslos. War leider auch schon bei der neuen The Juan MacLean so.

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