
Polar Bear Club - Chasing Hamburg
Bridge Nine / SoulfoodVÖ: 11.09.2009
Unter uns
Irgendwas machen Polar Bear Club und ihr Sänger Jimmy Stadt grundfalsch. Sie grölen, schreddern, hobeln an ihrer Musik, bis sie ausgefranst in der Ecke liegt. Und wenn sie damit fertig sind, liegen sich Menschen über ihren Songs in den Armen, wischen sich den Schweiß von der Leber und grölen, als seien sie mindestens Oasis. Dabei ist es nicht so, dass sich Polar Bear Club keine Mühe gäben. So wie Jimmy Stadt sich durch seine Refrains hustet, röhrt Ralf "Kalle" Richter nicht mal, wenn er in "Bang Boom Bang" seine besten Szenen hat. Und an Punkrockstücken so zu ackern, als ob das Schichtarbeit auf der Baustelle wäre, trauen sich sonst allenfalls Hot Water Music - und alle, die ihnen nacheifern. Auf "Chasing Hamburg" ist das nicht anders. Jedenfalls kaum.
Wie könnte es auch so sein? Man muss sie einfach gernhaben, diese Musik. Sie ist keine Rock-Oper, an die man selbst dann nicht rankäme, wenn man die Statur von Jimmy Page hätte. Sie ist kein Mythos, den ihr Author hinter einer Verwirrtaktik aus Symbolismus und Nicht-Präsenz versteckt. Sie ist hier, gleich unter uns. Wer sie anpacken will, der darf das auch. Polar Bear Club zählen bis eins, zwei, drei, vier, und was folgt, sind Akkorde, mit denen man ein Bier trinken gehen könnte. Und Gesänge, wie man sie sonst nur in Fußballstadien hört - oder in Dorfkneipen. Eine für alle, alle für einen Song. Und wenn mal einer auf die Schnauze fällt, dann hebt man ihn auf. Sollten Punkrockshows jemals verboten werden, wird man dankbar sein, dass es wenigstens noch Platten wie "Chasing Hamburg" von Polar Bear Club gibt.
In "One hit back", ihrem offensichtlichsten Hit auf "Chasing Hamburg", packen Polar Bear Club ihr ganzes Motto in eine Zeile Songtext: "Broke, sore, laughing more / Got my friends, got my songs, got it out / And I'm moving on." Dabei müssen sie nicht mal so tun, als ob. Man hört es den Schrammelgitarren und Nicht-Gesängen auch so an, dass Polar Bear Club eine Bande Lucky Loser sind, die es ganz großartig finden, auf Tour sein zu dürfen und Alben aufzunehmen. Fünf stinknormale Typen mit einem Händchen für Melodien, mit denen man nach dem nächsten Konzert auch eine Runde Tischkicker spielen könnte, wenn sie bloß nicht Amerikaner wären.
Aber auch fünf Typen, denen man es fast sogar verzeiht, wenn die aktuelle Platte mal nicht ganz so gut wie die letzten geraten ist. "See the winds" und "Living saints" werfen einen nicht halb so um wie der Start von "Sometimes things just disappear". Und "Take me to the town" ist ein Spielverderber, der auch die "The redder, the better"-EP ausgebremst hätte. Vielleicht wollten Polar Bear Club aber auch nur mal was richtig machen. Kann ja nicht sein, dass sich trotz allem so viele Menschen auf ihre Songs einigen können.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Local eyes
- One hit back
Tracklist
- See the wind
- Living saints
- Boxes
- Take me to the town
- Drifting thing
- Local eyes
- Song to persona
- Olde fisher burial ground
- One hit back
- Chasing Hamburg
Referenzen
Spotify
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