Hot Gossip - You look faster when you are young
Ghost / Al!veVÖ: 25.09.2009
Affenzahn
"Individuell, aber schnell" forderten Die Fantastischen Vier vor Jahren einmal. Ein ziemlich frommer Wunsch, dem im Popbusiness damals wie heute nur selten entsprochen wird. Und auch Hot Gossip geben sich in Bezug auf musikalische Alleinstellungsmerkmale vornehm ausgedrückt nicht die allergrößte Mühe. Immerhin: Ein charmant sinnloser Titel ist ihnen schon einmal eingefallen, und die italienische Herkunft des Trios verblüfft auf seinem zweiten Album nach "Angles" immer noch. Klingt "You look faster when you are young" doch, als hätte jemand eine Vorabversion des neuen Arctic-Monkeys-Albums meistbietend auf dem Kiez verscheuert, danach aus Spaß und Dollerei die Garage der Strokes geplündert und womöglich noch die Kokosnuss geklaut. Und gäbe es Anhörungen vor Gericht, bei denen Tonträger unter Plagiatsverdacht auf dem Sünderbänkchen sitzen, würde es der Band wohl nicht einmal etwas nützen, ihren Anwalt anzurufen.
Der könnte nämlich nur resigniert mit den Schultern zucken und höchstens für mildernde Umstände plädieren. Diese bekommen Hot Gossip aber so oder so zugebilligt. Dafür, dass sie ihre originalgetreue Version sattsam bekannter Indie-Rockmusik mit einer Konsequenz und nicht zuletzt auch mit einem hörbaren Vergnügen durchziehen, dass hier eine Wiederholung mehr nicht schadet. Unter diesem Aspekt ist es ein amüsantes Detail, dass das erste ins Schwarze treffende Stück von "You look faster when you are young" mit scharfem Riffing, hohem Tempo und tosendem Finale ausgerechnet "And again" heißt. Mit "At night" geht es anschließend direkt ins Kuckucksnest des letzten Eight-Legs-Albums, bevor sich "Fast in the rain" die ollen The-Who-Gitarren schnappt und sie mit großmäuligem Refrain und jauchzendem Backgroundgesang druckentstaubt.
Der agile Basslauf von "Call the rangers" trommelt kurz die Rockabilly-Polizei zusammen, damit alle bei der verspätet, aber dann gewaltig aus dem Quark kommenden Halbballade "You better know" gemeinsam "I really need a hug" singen können. Das einminütige Instrumental-Intermezzo "You name it" leistet sich sogar den Luxus, knackige Gitarrenläufe zu vergeuden, aus denen The Dead 60s wahrscheinlich drei richtige und richtig gute Songs gemacht hätten. Doch auch danach haben Hot Gossip davon noch genug in der Schublade und gehen weiter mit diebischer Freude auf große Indie-Schnitzeljagd. Eigenständig ist das alles natürlich kein Stück. Aber für gerade einmal eine halbe Stunde allerbeste Unterhaltung mit dem im Albumtitel angedeuteten Affenzahn. Und ganz ohne Minusgrade.
Highlights & Tracklist
Highlights
- And again
- Fast in the rain
- Call the rangers
- You better know
Tracklist
- Everybody else
- And again
- At night
- Fast in the rain
- Call the rangers
- You better know
- You name it
- What we are
- Little secrets
- Cops with telephones
- Days of the weak
- Father
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- Hot Gossip (7 Beiträge / Letzter am 11.09.2006 - 22:25 Uhr)