Garbage - Beautifulgarbage

Mushroom / PIAS / Edel
VÖ: 01.10.2001
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Der rosa Punkt

Wer im Abfall wühlt, findet selten Kostbarkeiten. Manchmal aber, wenn sich drei amerikanische Kerls und eine singende Schottin zusammen tun, kann auch Müll plötzlich anfangen zu glänzen. Auf dem selbstbetitelten Debüt und dessen Nachfolger "Version 2.0" recycleten Garbage schneidende Gitarrensägezähne und stellten sie neben unterkühlte Beats und zuckrige Synthesizer. So eroberten Songs wie "Stupid girl", "Only happy when it rains" oder "Push it" vom Provinznest Madison/Wisconsin aus die Charts der Welt und krempelten in einem Handstreich das Popverständnis der Generation X um.

Selbstverständlich begrüßt uns auch der Opener von "Beautifulgarbage" mit den bekannten Ingredienzen: Der Groove setzt ein, eine grummelnde Gitarre meldet sich zu Wort, der leicht verruchte Gesang von Shirley Manson legt sich über trockene Loops und ungezählte Klangfitzel, bis plötzlich ein Break einsetzt und eine andere Seite des Songs entblößt. Dabei klingt die rosa Soundzwiebel niemals matschig, denn die Klangzauberer Butch Vig, Steve Marker und Duke Erikson sind schließlich Perfektionisten, was man dem Album an jeder der sorgfältig herausgesägten Ecken anhört. Mit dem abgehackten Geplucker von "Androgyny" begleiten wir Garbage in die Umkleidekabinen beider Geschlechter und von da aus geradewegs in die Charts. "No sweeter taste than you could find / Than fruit hanging ripe upon the vine" haucht Manson und nuckelt genüßlich an verbotenen Früchten. Man hört ihr breites Grinsen durch jede Silbe, und niemand zweifelt daran, was sie meint, wenn sie von "Boys in the parlor / They're getting harder" singt.

Aber schon beim nächsten Track bekommt der schöne Schein erste Risse. Der süßliche Shuffle von "Can't cry these tears anymore" bleibt genauso lediglich poliertes Plastik wie das verhaltene Riffing von "Til the day I die". Unschuldiges Gequietsche begrüßt uns in "Cherry lips (Go baby go)", und Manson schmatzt gemütlich ihren Kaugummi aus analogem Süßstoff. In "Silence is golden" beamt man einen staubigen Blues in die Jetztzeit und sterilisiert jegliche Leidenschaft, bis erst ein unvermuteter Taktwechsel dem Stück sein Profil wiedergibt. So schwirrt ein Großteil der keineswegs schlechten Songs zwischen Zutraulichkeit und Ruchlosigkeit umher, ohne sich richtig entscheiden zu können. Zwar hört man allen Songs die Sorgfalt an, die in ihnen steckt, aber auch die merkwürdig verschlungenen Streicherarrangements von "Cup of coffee" bleiben letztlich befremdlich koffeinfrei.

Doch Garbage wären nicht die populärsten Abfallsammler der Welt, wenn sie nicht noch den einen oder anderen Kracher in ihrem Müllberg versteckt hätten. Plötzlich marschiert eine fröhlich stampfende "Parade" los, um die Mauern der Sackgasse einzureißen, in die man sich hineinmanövriert hat. "Let's burst all the bubbles / That brainwash the masses" lautet die Devise, und bei dieser famosen Hookline wagt niemand zu widersprechen. "Kaboom!" So einfach geht das. Die Kaugummiblase ist geplatzt und hat rosaroten Glibber im ganzen Raum verteilt. Plötzlich ist er wieder da, der Drive, der Garbage einst zum Phänomen gemacht hatte.

Zwischen den Pizzicatos des selbstbewußt zuckenden "Untouchable" hat sich dennoch eine unangenehme Wahrheit versteckt: "You play so safe / And you're not risking enough." Nach zwei Alben voller Hits verlassen sich Garbage ein wenig zu sehr auf ihr Erfolgsrezept, als daß sie die Faszination weiter aufrechterhalten könnten. Es fehlt einfach die Hitdichte, die die bubblegumartigen Vorgänger auch den Rockern unter uns schmackhaft machten. Daß dennoch auch "Beautifulgarbage" dem chartsüblicher Wegwerfware nicht nur überlegen, sondern weiterhin Lichtjahre voraus ist, ändert allerdings nichts daran, daß es nie so offensichtlich war, daß auch das Kunstprodukt Garbage nur von Menschenhand geschaffen wurde. "Supernatural" war einmal.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Androgyny
  • Parade
  • Untouchable

Tracklist

  1. Shut your mouth
  2. Androgyny
  3. Can't cry these tears
  4. Til the day I die
  5. Cup of coffee
  6. Silence is golden
  7. Cherry lips (Go baby go!)
  8. Breaking up the girl
  9. Drive you home
  10. Parade
  11. Nobody loves you
  12. Untouchable
  13. So like a rose
Gesamtspielzeit: 53:01 min

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