Phantogram - Eyelid movies

BBE / Al!ve
VÖ: 11.09.2009
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Sandmännchen

Wer dachte, dass Musik nur die Ohren anspricht, im besten Fall noch das Herz, geht die Sache zu rational an. Manche Musiker lassen den Kopf mitwippen, andere bringen die Beine zum Zucken, und diverse Klangterroristen ziehen durch Lautstärke gleich den ganzen Körper in Mitleidenschaft. Doch ein paar Künstler ziehen die Fäden wesentlich subtiler. Sie streuen langsam ihren Sand in die Augen aus, sodass sich der Hörer in den Zustand des Halbschlaf begibt, um dort die Musik auch gleich selbst in die passenden Bilder zu gießen. Genau zu diesen Sandmännchen gehören auch Phantogram, die mit ihren Debut den Schlafsandsack schultern.

Jeder Ton lädt dazu ein, die Augenlider zu senken und sich frei ins futuristisch Urbane zu begeben. Hier funkeln Ecken und Kanten, die zum Schlummern einladen. Ein metallenes Bienensummen lässt die Luft vibrieren, eine mechanische Möwe fliegt weit hinten im Klangbild. Loops und Beats kuscheln sich süßlich um den Hörer. Elektronica wird mit Shoegaze verschraubt, Dub noch irgendwo unauffällig hingetackert, und auch einzelne Ersatzteile aus dem HipHop wurden noch schnell fest genagelt. Die Bilder, die erzeugt werden, können nur einer strengen inneren Logik entspringen. Sie sind nicht assoziativ, sondern folgen rational ihren eigenen Gesetzen. Unter der Motorhaube findet sich dann ein goldenes Funkeln zwischen den Schatten aus Kabeln und Beats. Aus diesen steigt mal eine schöne Melodie hervor wie in den ersten Minuten, die sich im Kopf festsetzt. Doch wenn der kurzfristige Glanz verflogen, fällt der Blick auf das mechanische Herz wie in "You are the ocean" oder "Running from the cops", die stur vor sich hin rattern, um als zuckersüße Albträume an den Fingern kleben zu bleiben. Die Pumpe arbeitet an manchen Stellen einfach zu offensichtlich.

In jedem einzelnen Ton versuchen Phantogram, das Gefühlvolle aus der Schale des Maschinellen zu puhlen. Die fernen Stimmen versuchen, ihren Tönen durch den leidenschaftlichen Inhalt Authentizität zu verleihen. Olimpia reicht die Hand zum Tanz, und so ist es dann auch kein Wunder, dass die Platte mit latentem Applaus und dem imitierten Herzschlag aufhört, mit dem sie begann. Wiederholung als Prinzip des Natürlichen. "I wish I could believe." Der Automat ist enttarnt und der Sand knirscht im Getriebe.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • When I'm small
  • Turn it off
  • 10,000 claps

Tracklist

  1. Mouthful of diamonds
  2. When I'm small
  3. Turn it off
  4. Running from the cops
  5. All dried up
  6. As far as I can see
  7. You are the ocean
  8. Bloody palms
  9. Futuristic casket
  10. Let me go
  11. 10,000 claps
Gesamtspielzeit: 44:33 min

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