Brendan Benson - My old, familiar friend
V2 / Coop / UniversalVÖ: 04.09.2009
Der elfte Beatle
Grob geschätzt neun von zehn Musikern träumen davon: einfach zum Telefon zu greifen und Paul McCartney anzurufen. Popmusikhistorische Sidekicks wie Klaus Voormann können das einfach tun, Olli Schulz hat zumindest noch halbwegs glaubhaft davon fantasiert - und Brendan Benson kann problemlos darauf verzichten. In einer entfernten Zukunft wird ein 110-jähriger Ringo Star einen Ehren-Beatle in Gold und Lebensgröße für den Detroiter Pop-Heroen auf der Reeperbahn enthüllen. Denn Benson hat den Sixties-Pop intensiver in sich aufgesogen als diverse Politiker und Fußballtrainer halb Kolumbien.
Erstaunlich, wie der Mann alle paar Jahre gleich mehrere Schippen drauf legt: Aus kleinem netten Pop wurde großer netter Pop, und als Jack White ihn mit allerfeinstem Kratzbürsten-Rock aus dem gleichen Umfeld bekannt machte, lud Benson auch den für "The alternative to love" zu einem kleinen Gastspiel zu sich ein. So mehrt er auch auf "My old, familiar friend" seinen Besitz: Ungestüme Pop-Hymnen reißen sich los, gleich zu Beginn tanzt die Freude einem mit "A whole lot better" unverschämt unverblümt auf der Nase herum, bevor der Refrain das ganz große Zuckerwerk-Werfen stiftet: "I fell in love with you / And out of love with you / And back in love with you / All in the same day." All diese süßen Melodien, die die Beine fest auf dem Boden und die Nasen keck gen Himmel gerichtet haben, gelegentlich von Hammond-Orgeln flankiert und ein wenig von Motown-Blues umrumpelt werden - da kommen einem bei so viel handwerklicher Rafinesse und freudiger Unbeschwertheit beinahe zwangsläufig die Fab Four in den Sinn.
"Garbage day" startet auf einer Tom-Jones-Bühne und schmust dann doch wüst auf quietschigen IKEA-Möbeln. Und wie "Feel like taking you home" von seinem unruhigen Stakkato-Piano über die ausgefuchste Off-Beat-Hi-Hat am Ende zu einem tanzpflichtigen Breitflächen-Groover anschwillt, ist schon einen kleinen Kniefall wert. Häufig wachsen die Songs über ihre zunächst bloß nette Pop-Oberfläche hinaus. Oft sind es - etwa in der nur scheinbar gewöhnlichen Halbballade "You make a fool out of me" - Refrain und Ende, die den Unterschied zwischen "okay" und "klasse" ausmachen. Überall lächelt man über kleine schelmische Ideen, "Don't wanna walk" lockt mit Gary-Glitter-Drumming und schwelgt dann doch einfach dreieinhalb Minuten ins schönste schwedische Dur. Wenn dann am Ende "Lesson learned" nur deshalb auf Downtempo- und Orgel-Introspektion macht, damit die Verabschiedungsgeste "Borrow" danach dramaturgiegerecht noch mal das ganze Sechziger-Intrumentarium plus Rock'n'Roll-Solo auffahren kann - spätestens dann passt hier alles zusammen.
Wer "My old, familiar friend" hört, dem muss auffallen, wie absolut logisch die Raconteurs-Liaison von Jack White und Brendan Benson ist: Das Garagenkind und die Hippieseele aus den benachbarten Brutkästen, der coole Retro-Styler mit der knurrigen Gitarre und der Beatles-Harmoniker mit dem As des großen Pop-Entwurfs im Ärmel - sie mussten sich ja fantastisch ergänzen. Dabei hat Benson das Alleine-nach-kompletter-Band-klingen mit seiner aktuellen Platte noch deutlich vollständiger ausgefertigt, als der sprödere Fußballhymnen-Schreiber. Dazu ein Sound, unkompliziert und warm, voll und leicht. Unüberhörbar, aus welchem Holz dieser Brendan Benson geschnitzt ist: Norwegian wood.
Highlights & Tracklist
Highlights
- A whole lot better
- Feel like taking you home
- You make a fool out of me
Tracklist
- A whole lot better
- Eyes on the horizon
- Garbage day
- Gonowhere
- Feel like taking you home
- You make a fool out of me
- Poised and ready
- Don't wanna talk
- Misery
- Lesson learned
- Borrow
Referenzen
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