August Burns Red - Constellations

Hassle / Soulfood
VÖ: 21.08.2009
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Vorsprung durch Technik

Metalcore ist oft wie ein Film von Roland Emmerich: Im Drehbuch stehen mehr Anweisungen für den Effekt-Computer als Dialogzeilen. Und mit Wetten auf das Ende kann man sich den Lebensunterhalt verdienen. Selbst in Fachzeitschriften, die sonst das Sommerloch zum Titel-Feature aufblasen, liest sich die Kritik häufig wie eines dieser Schilder, mit denen Menschen vor ihren Schäferhunden warnen. Oder ihren Yorkshire Terriern - ganz nach Couleur. Jedenfalls: Sie wurden gewarnt. August Burns Red müssen doof sein. Oder die letzten Jahre auf einer einsamen Insel gelebt haben. Denn sie ignorieren all das. In ihrem Genre schneiden Männer Grimassen, die so echt sind, dass einem "Zwei bei Kallwas" plötzlich wie eine Dokumentar-Sendung vorkommt. Trotzdem versprechen August Burns Red mit ihrer "Constellations"-Platte die volle Katharsis. Und tatsächlich: Dieses Album pustet sein Innerstes nach Außen, und das mit Mitteln, mit denen die meisten anderen sich zum dreiköpfigen Affen machen. Sage bitte niemand mehr, das Problem liege am Sound dieser Schublade. Genre ist das, was man draus macht.

August Burns Red machen recht viel – vor allem aus Versatzstücken, die man zuletzt hassen gelernt hat. Weil sie meist runtergerattert werden, als stünden sie als Formel-Sammlung auf einer Hausarbeit. Damit ist: Schluss! Schon wie August Burns Red in "Ocean of apathy" oder "Indonesia" ihre Lead-Gitarren gegeneinander aufhetzen, hat mehr Unterhaltungswert als jedes Atreyu-Boxset, das man je mit den Autoreifen zu Plastikmüll verarbeitet hat. Ihr Schlagzeuger ist ein Rhythmus-Tier vor dem Herrn, ein Typ, der wahrscheinlich Stepptänzer geworden wäre – wenn er nicht gemerkt hätte, dass das Eintreten auf gleich zwei Bass-Drums ja doch viel lustiger ist. Und ihr Sänger hat alle Tricks, Grimassen und Tonlagen drauf, die man braucht, um böse zu wirken. Schließlich hat ein bisschen Overacting auch dem alten Kinski kaum geschadet.

Der Trick von "Constellations" ist, dass kein Breakdown so klingt, als wäre er auswendig gelernt. Dass keine Zeile wirkt, als sei sie vom Ticker abgelesen. Dass August Burns Red ihren "Rationalist"-Song runtertakten, ohne je unter Verdacht zu stehen, es handele sich um ein Zugeständnis an eine Marketing-Abteilung der Plattenfirma, die noch eine Single für die Mädchen fordert. Zudem hat das Songwriting defintiv mehr zu bieten als eine Aneinanderreihung von Fix-und-fertig-Bausteinen. "Constellations" ist ein Sammel-Album an Ideen, die August Burns Red mischen wie ein Kartenspieler das mit seinen Karten macht. Ausgegeben werden sie zu Stücken, wie sie vielleicht sogar Shai Hulud spielen würden, wenn sie eine Metalcore-Band wären. Was sie und August Burns Red eint, ist Vorsprung durch Technik: Wer eine Nummer wie "Cruasades" im Mittelteil so bremst, dass einem der Magen bis unter die Kinnlade schwappt, der braucht mehr Ballgefühl als Mark van Bommel. Und wer einen Brecher wie "The escape artist" schreibt, der muss ihn auch spielen können. August Burns Red können. Genre hin, Genre her.

(Sven Cadario)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The escape artist
  • Meddler

Tracklist

  1. Thirty and seven
  2. Existence
  3. Ocean of apathy
  4. White washed
  5. Marianas trench
  6. The escape artist
  7. Indonesia
  8. Paradox
  9. Meridian
  10. Rationalist
  11. Meddler
  12. Crusades
Gesamtspielzeit: 48:10 min

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