Laura Gibson - Beasts of seasons
Hush / Souterrain TransmissionsVÖ: 14.08.2009
Decke drüber
Es gibt Alben, die sind mit einer solch düsteren Melancholie durchzogen, dass sie sich am besten alleine, im Bett, mit der Decke über dem Kopf und einer großen Tasse heißen Kakaos genießen lassen. Das ist Einsamkeit, die angemessen zelebriert werden möchte. Laura Gibson, die wahrscheinlich ganz verlassen irgendwo in den Wäldern Portlands aufgewachsen ist, hat mit "Beasts of seasons" ein ebensolches Album geschrieben. Angesiedelt irgendwo zwischen "Ys" von Joanna Newsom - dabei aber weniger märchenhaft - und traditionellem, fast konservativem Americana bezaubert "Beasts of seasons" vom ersten bis zum letzten Ton. Gibson hat ihr drittes Album in zwei Teile unterteilt, wobei ein grundlegender Unterschied in den Komposition nicht auszumachen ist.
Die ersten vier Stücke hat Gibson unter der Überschrift "Communion songs" zusammengefasst. Gleich der Opener "Shadows on parade" ist eines der einfühlsamsten, besten und zentralen Stücke auf "Beasts of seasons", nimmt er doch thematisch schon einmal vorweg, was da die nächsten vierzig Minuten noch wartet: Einsamkeit und Verlust, aber auch die unterschwellige Gewissheit, dass nicht alles so düster ist, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Immer schwingt latent die vage Hoffnung auf Besserung mit. Zweimal flackert dieser sowieso schon große Folksong etwas mehr auf, als sich ganz unterschwellig Bläser in die vertonte Einsamkeit einschleichen und spontan das Kommando übernehmen. "Come by storm" und "Postures bent" schlagen in ein ähnliche Kerbe, sind aber weitaus verspielter als der Opener. Fast fröhlich wirkt dagegen "Spirited", welches erstmals das bis dahin fragile Soundkorsett mit einem flotten Schlagzeug, reizendem Hintergrundgesang und aufheulenden Bläsern durchbricht.
Der zweite Teil von "Beasts of seasons" umfasst fünf "Funeral songs" und drosselt die Glückseligkeit der nicht gerade ausgelassenen ersten Hälfte noch ein bisschen mehr. "If this bare walls could sing, they'd sing us funeral songs", beginnt Gibson das erste der Stücke, den "Funeral song". Gleich im Anschluss folgt mit dem bitteren "Where have all your good words gone?" und seiner jaulenden Violine der stimmungsmäßige Tiefpunkt des Albums. Mehr Einsamkeit hat selbst Justin Vernon alias Bon Iver in seiner Jagdhütte in Wisconsin nicht erlebt. "Sleeper" hebt den Kopf wieder ein bisschen nach oben und "Sweet deception" erhöht sogar kurzfristig ganz sachte das Tempo in dieser Steppe aus Niedergeschlagenheit. Plötzlich sitzt Gibson nicht mehr irgendwo im Wald, sondern direkt am Lagerfeuer mit einigen ebenso deprimierten Freunden. "Glory" schlägt abschließend wieder den ernüchternd bedrückenden Ton an und lässt den Hörer ganz alleine in der Dunkelheit zurück.
Was alle neun Songs am Ende vereint ist, dass sich die Stücke - und nicht nur die "Funeral songs" - auf die Grundthemen Tod und Vergänglichkeit einigen können. Laura Gibson klingt dabei zumeist wie aus einer anderen Welt und schafft es mit "Beasts of seasons", sich aus dem Getümmel der Freak-Folk-Acts freizuschwimmen. Die spärlichen, spröde instrumentierten Songs glänzen mit einer melancholischen Intensität, die schwärmerischen Texte schimmern in den schönsten Farben. Die rein rhetorische Frage "Where have all your good words gone?" beantwortet Gibson mit "Beasts of seasons" jedenfalls fast automatisch. Viele haben es auf das Album geschafft.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Shadows on parade
- Spirited
- Funeral song
Tracklist
- Shadows on parade
- Come by storm
- Spirited
- Postures bent
- Funeral song
- Where have all your good words gone?
- Sleeper
- Sweet deception
- Glory
Referenzen
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