Darker My Love - 2

Dangerbird / PIAS / Rough Trade
VÖ: 07.08.2009
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Fuzz ohne Boden

Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören, weiß der Volksmund. Oder noch besser: gehen. Sagten sich auch Gitarrist Tim Presley und Bassist Rob Barbato, als sie 2007 mit der x-ten Besetzung von The Fall das Album "Reformation post-TLC" eingespielt hatten und seitdem zu den ehemaligen Mitgliedern der britischen Post-Punk-Institution gehören, die nicht von Mark E. Smith höchstpersönlich zum Teufel gejagt wurden. Denn bevor es sich der alte Knöterich anders überlegen konnte, machten sich Presley und Barbato lieber selbst vom Acker. Schließlich haben die beiden zu Hause in Los Angeles mit Darker My Love noch eine eigene Band, die es nicht aus dem Auge zu verlieren gilt.

Denn bei dieser prasseln Psychedelia sowie dröhnender Space-Rock in solcher Formvollendung auf den Hörer ein, als hätten die beiden nie etwas mit dem kauzigsten Bandleader der letzten Jahrzehnte zu tun gehabt. Was Presley sich eingepfiffen haben muss, um den grellen Menschenauflauf auf dem Cover und die synergetisch zerfließenden Kopfgeburten im Digipak zu Papier zu bringen, sollte man indes besser nicht hinterfragen. Nur so viel sei vermutet: Wahrscheinlich Ärgeres als einen "Pacifying joint". Doch auch bei "2" kann man schon einmal den Boden unter den Füßen verlieren und meinen, das Gras wachsen zu hören.

Der Opener, dessen Titel nicht von ungefähr an ein Album von The Verve und somit an britische Gitarren-Nebulösitäten erinnert, macht direkt den Vorzeige-Shoegazer ohne übertriebene Feedback-Verwendung. Das folgende "Blue day" gemahnt mit Weichstich-Sound und verhuscht vibrierendem Schlagzeug noch deutlicher an die gute alte Rave-Zeit. Für das großartige "Two ways out" schraubt das Quintett das Tempo zu umnachtetem Harmoniegesang und pointierter Leadgitarre dann so weit herunter, dass es einem wie eine Ewigkeit vorkommt, bis man am Kühlschrank ist, um das nächste Bier zu holen. Aber womöglich waren vor dem Hören ja bereits andere Substanzen im Spiel. Man fühlt sich nach den ersten drei Songs zumindest so.

Doch wo anderen nach der Hälfte oft die Puste ausgeht, kommen Darker My Love erst richtig zur Sache. Hauen mit zunehmender Spielzeit immer mehr rockige Bolzen raus, tragen meterhohen Fuzz auf und ziehen das Tempo merklich an. Dazu duettieren Presley und Barbato mit abwechselnd entschwebenden und knurrenden Gesangsharmonien, bis ein toller Song dabei herauskommt. Besonders am Schluss: "Talking words" macht es sich zwischen strahlendem Refrain und dazwischenfunkendem Georgel bequem, und zum nicht minder betörenden "Immediate undertaking" hebt die Band wieder in Richtung einer Stratosphäre ab, in der Black Rebel Motorcycle Club Hippies mit Lederjacken sind. Augenblicklich eingraben müssen sich Presley, Barbato und ihre Jungs nach einem hinreißenden Album wie "2" ganz bestimmt nicht. Außer natürlich, Griesgram Smith taucht plötzlich auf und will seine entlaufenen Mitmusiker einfangen. Denn die haben momentan offensichtlich etwas Besseres zu tun.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Blue day
  • Two ways out
  • Talking words
  • Immediate undertaking

Tracklist

  1. Northern soul
  2. Blue day
  3. Two ways out
  4. Pale sun
  5. White composition
  6. Add one to the other one
  7. Even in your lightest day
  8. All the hurry & wait
  9. Waves
  10. Talking words
  11. Immediate undertaking
Gesamtspielzeit: 45:13 min

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