Torben Möller-Meissner - Volle Leere Ferne Nähe
Tapete / IndigoVÖ: 17.07.2009
Kraut und Rüben
Punkbarden bereten immer häufiger Solopfade. Früher traten die bunten Gestalten ja meist in Rudeln auf, vor dem Einkaufszentrum beispielsweise, meist mit Klampfe, strategisch günstig platziertem Hut und offenem Ohr für alle mit Freude an gediegenen Derbheiten. Aber es gibt stetig mehr Ausnahmen. Ab und an wird mal einer schlafend im Park vergessen, taumelt in die falsche Richtung und geradewegs in den Stadtbach hinein, und auch Sid Vicious löste sich ja damals von den Sex Pistols für den völligen Weg ins Nichts. Die Funpunker Joey Cape (Lagwagon) und Nikola Sarcevic (Millencolin) dagegen ließen ihre Combos für einige sentimentale Reflektionen zurück, und auch der Sänger von Rantanplan, Torben Möller-Meissner, schlägt mit seinem Solowerk "Volle Leere Ferne Nähe" in eben diese Kerbe.
Allzu abwegig mag das für Kenner der Nordlichter gar nicht sein, denn auch in derem Ska-Gespringe spielten ernsthaftere Textpassagen mit politischem Anstrich eine nicht unbedeutende Rolle. Statt von munteren Bläsern werden diese nun eben wahlweise von akustischer oder elektronischer Gitarre umschrubbelt und stehen damit, oft angetrieben von Dylanscher Mundharmonika, noch stärker im Zentrum der Songs. Was die Zeilen aber nicht unbedingt verständlicher macht, denn Möller-Meissner, der seinen Namen wohl der Seriösität wegen für dieses Album um den ersten Teil samt Spiegelstrich ergänzt hat, neigt gerne zu leicht schräger Assoziation.
Dabei klingen dann Oden an den Kaffeesatz unserer Gesellschaft durch, in denen Möller-Meissner hemdsärmlig zu lesen sucht ("Graue Hölle der lebenden Toten", "Mückenstiche Ende November", "Verdammten der Nacht"), oft versetzt mit kleinen politischen Widerhaken ("Schwarze Wolke") oder konzentriert zur scharfen Speerspitze gegen all das Unmenschliche, was Politik so produzieren kann ("Im Breakfast Club mit Chief Seattle"). Häufig werden auch nur romantische Erinnerungen an Momente wachgerufen, in denen das Leben am pulsierendsten schien ("Leuchtturmsnacht", "Der Weg"). Aber immer: das Meer, der rauhe Wind, Möwen. Wie beispielsweise in "Hallo, Hure Hamburg" vom Rantaplan-Album "20359", das in dieser neuen, stillen Version ganz anders zu strahlen beginnt.
Aber manchmal verrennt sich Möller-Meissner auch in Plattitüden ("Revolution & Rock"), oder die an Billy Bragg erinnernde Kratzgitarre verheddert sich zu stark in der Zweiakkordigkeit des Punk und wirkt damit arg stumpf. Und wenn wie in "Windstill" die Stimme doch wieder zurück zum Ska will, dann mag der Hörer diese beiden, Stimme und Ska, doch am liebsten ganz alleine schmusen lassen, denn irgendwie klingt das komisch. Aber Fehler ist King, das schreibt sich das Gros der Nietenbänder ja gewöhnlich auf die Fläggchen, und wer weiß, mit zwei, drei starken Kurzen im Kopf mag das alles ja auch wieder viel mehr Sinn ergeben.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Mückenstiche Ende November
- Hallo, Hure Hamburg
- Der Weg
Tracklist
- Graue Hölle der lebenden Toten
- Geschichtenerzähler
- Leuchtturmsnacht
- Mückenstiche Ende November
- Hallo, Hure Hamburg
- Im Breakfast Club mit Chief Seattle
- Verdammten der Nacht
- Windstill
- Goldener Widder
- Schwarze Wolke
- Meine Liebe stirbt
- Revolution & Rock
- Weg
Referenzen