
Die Happy - Most wanted 1993-2009
Sony BMGVÖ: 17.07.2009
Das hat Ray Cokes nicht gewollt
Erinnert sich noch jemand an MTV? Das ist eine Abkürzung und steht für Music Television. So hieß damals in grauer Vorzeit der erste Videoclip-Sender, der etwas spielte, woran das heutige Kuppelshow-Klingelton-Desaster nicht mehr ansatzweise erinnert: Musik. Zu den Hochzeiten von MTVs europäischem Ableger gab es mal eine Wünsch-Dir-Was-Sendung namens "Most Wanted", in der ein gewisser Ray Cokes zwischen den Clips faszinierenden Unfug treiben durfte. Er führte die Bingo Wall Of Death ein und kultivierte mit Clean Our Souls das gepflegte Zerstören von Erinnerungsstücken an diverse Verflossene. Das machte Spaß.
Weniger Spaß machte vier Jahre nach dem Ende von "Most Wanted" das unnötige Auftauchen von Die Happy, einer nicht weiter wichtigen Band aus Ulm. Weil es gerade Umsatz versprach, eine Rockband mit Sängerin im Artist Roster zu haben, durften die Schwaben ihren von der Popakademie Baden-Württemberg zertifizierten Lärm auf einem Majorlabel präsentieren. Die Happys wenig inspirierter Breitmaulfrosch-Crossover passte den Abspielstationen schnell ins Sendekonzept, das für Rock kaum noch Platz hatte. Für Die Happy jedoch um so mehr: Marta Jandová als ansehnlicher Schreihals am Mikrofon konnte schließlich die Unzulänglichkeiten ihrer Band durch pure Präsenz nachhaltig überdecken.
Zusammen mit Jandovás beiden Argumenten erwies sich Die Happys Radau schnell als ziemlich massentauglich. Singles wie "Supersonic speed" oder "Goodbye" gingen weg wie warme Schlüpfer, und mancher delirierte Vergleiche mit Vorbildern wie Skunk Anansie in die Rezensionen. Dabei reichte Die Happys Horizont gerade einmal von den Guano Apes links bis zu Doro Pesch rechts. Trotzdem reichte es für bislang sieben Alben, an denen Plattentests.de nicht vorbeikam: darunter eine Rezensenten-Jugendsünde, ein lahmes Unplugged-Album und zwischendurch sogar eine fruchtlose Zusammenarbeit mit der schwedischen Hit-Fabrik The Matrix. Die hatten die Rock-Formel entdeckt, was zum formelhaften Haudrauf der Schwaben bestens hätte passen sollen. Immer wurde ein wenig gerockt, ein wenig gelitten, ein wenig gebrüllt und gerne auch mal geschmust. Niemals zu heftig, niemals zu leidenschaftlich, niemals irgendwie echt.
Auf diese Tour bekamen Die Happy schnell reichlich Fans. Weil Kerle besser gucken als hören können und weil die weibliche Zielgruppe in der Prä-Tokio-Hotel-Zeit noch Vorbilder ohne kaputtes Chromosom anhimmeln wollte. Anhängerinnen und Anhänger kauften nicht nur mittelmäßige Tonträger und Tickets für verschwitzte Konzerte in immer größer werdenden Jugendzentren. Sie bastelten trotz Flops wie "No nuts no glory" und "Bitter to better", dem nicht mal ein Hillary-Duff-Cover wie "I am" helfen konnte, weiter Batik-T-Shirts, Heckscheiben-Aufkleber und Klicki-Bunti-Fansites. So viel Treue gibt's sonst nur bei Fury In The Slaughterhouse. Deswegen durften sich die Fans für Die Happys Vollbedienungs-Paket ihre Lieblingssongs zusammenvoten. Zum Dank dafür gibt's die drei beliebtesten Lieder in aufgepimpten 2009er-Versionen und obendrein nicht nur die übliche CD/DVD-Kopplung mit schickem Booklet, sondern gleich eine Doppel-D(VD), die dieses Paket auf über vier Stunden Spielzeit hochfährt. Und mit der Zielsicherheit des blinden Huhns wirft die so versammelte Beliebigkeit mit "The end" sogar einen richtig schicken Song ab. Einen. Wenigstens tun Die Happy niemandem nachhaltig weh, man kann sie ja bequem wegdrücken. Mancher wird die beiden DVDs - eine mit einem Konzert, die andere mit allen Videos - mögen, weil es da etwas zu sehen gibt. Dickes Beinkleid und dicke sekundäre Geschlechtsmerkmale nämlich. Und einen brandneuen Song namens "Rebel in you" mit diesem hypermodernem Stilmittel namens Rap. Ach übrigens: Die Happy nennen ihre Singles-Kopplung ausgerechnet "Most wanted". Darauf bitte eine Runde Clean Our Souls.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The end
Tracklist
- CD: Supersonic speed '09
- Violent dreams '09
- Breathing '09
- Goodbye
- Big boy
- Like a flower
- I am
- Love to hate you
- Whatever
- Not that kind of girl
- Leaving you
- The end
- Go for it
- Peaches
- Slow day
- Wanna be your girl
- Rebel in you
- DVD1 (Live in Hamburg): Go for it
- Peaches
- Violent dreams
- Not that kind of girl
- Love to hate you
- Genuine Venus
- Easy come easy go
- Like a flower
- Whatever
- Breathing
- Bitter to better
- Leaving you
- Big boy
- Hamburg, meine Perle (feat. Lotto King Karl)
- Wannabe
- I am
- The ordinary song
- The end
- I can dream
- Wanna be your girl (feat. Roger)
- Rebel in you (feat. Roger)
- Goodbye
- The answer
- Adam's eyes
- Supersonic speed
- DVD2 (Singles): Supersonic speed
- Like a flower
- Goodbye
- Not that kind of girl
- Big boy
- Everday's a weekend
- Slow day
- Big big trouble
- I am
- Blood cell traffic jam
- Wanna be your girl
- The ordinary song
- Peaches
- Still love you
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Kampfhuhn
2009-07-21 00:47:05
lol, aber recht hatter schon ein bischen, der frege!
antwört
2009-07-21 00:34:34
du schreibst doch auf deutsch und reißt hier keinen zentimeter. das hat was zu bedeuten! vielleicht gibt es hier wesentlich bessere trolle dieser art?
frege
2009-07-21 00:31:50
beatsteaks, die happy, donots... diese bands texten und singen in englisch, interessanter weise reissen die alle im englisch sprachigen ausland keinen zentimeter. das hat was zu bedeuten! vielleicht taugen ihre texte nix? vielleicht gibt es dort wesentlich bessere bands dieser art?
U.R.ban
2009-07-20 22:44:03
Ganz genau, Britney Spears etc. erheben diesen Anspruch ja erst gar nicht, warum also darüber aufregen?
Leatherface
2009-07-20 22:26:22
Ich kann mich über die Qualität der Songs nur Leatherface anschließen, allerdings finde ich sie wohl weniger ärgerlich, eher harmlos...
Ich finde sie auch nicht ärgerlich. Im Gegensatz zu Kapellen wie Nickelback muss ich bei Die Happy-Songs nicht mit Brechreiz das Weite suchen. Songs wie "Goodbye" darf man sogar mal lauter machen, falls sie im Autoradio laufen (was nie geschieht). Aber eine Abneigung gegen "Rockbands", die unentwegt ihre Authentizität und Ehrlichkeit betonen müssen und dabei doch 1000 mal verlogener sind als Britney und Co, weil sie sich für ihre standardisierte Musik und deren Inhalte doch eigentlich gar nicht interessieren, habe ich generell.
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