
Ampersand - Dead one and a horse
Rakete / CargoVÖ: 10.07.2009
Quick lebendig
Halbzeit. Ampersand sind bei ihrem vierten Album angelangt. Das zweite nach dem Ausstieg von Sänger Barz. Das zweite mit Sänger Hannsu Lakkinen. Der Vorgänger "The can-can variety show" sorgte für Spannungen: Verflüchtigte sich doch das Ungehobelte, der charmante Krawall. Melodien durchkreuzten nun den Weg von experimenteller Urwüchsigkeit. Das musste man nicht gut finden, aber immerhin als überraschende Entwicklung verbuchen. Es ist dieser Weg, den das Trio konsequent fortführt. "I know you've been haunting / I know since the day I came along." Die Geschichte von Ampersand ist die Geschichte zweier unterschiedlicher Frontmännner. Eine spaltende, wie es scheint.
Kaum knarzt sich "Home Tom" seinen Weg aus einem kruden Intro heraus, entwickelt sich der Song zum treibenden Rock-Biest. Lakkinen spielt mit der Rhythmik seiner Gesangsmelodie, entlehnt sein Arrangement bei R'n'B und Sprechgesang. Das groovt und walzt. Im Kontext eines brachialen Rocksongs klingt dies ungewöhnlich, aber spannend. Auch im anschließenden "That day" sticht diese merkwürdige Vermischung von präzisem Druck und cremiger Melodie ins Ohr: Das ist tanzbar, bis zum Kreislaufkollaps. Lakkinen hat sich im Sound von Ampersand nun vollends emanzipiert.
Da wächst "Tony Tony" zu einer ausgewachsenen Desert Session, flirrt in seiner eigenen Hitze. Die fuzzigen Gitarren bleiben im Hintergrund, entladen sich in schreiendem Feedback, während die Harmonie ungeniert durch all die Unwegsamkeiten fließt. Hier sitzt alles auf dem Punkt. Alles groovt. Alles poltert. Der Bruch im kauzigen "Don't let it go" kommt da so plötzlich. Wirkt wie eine Psychoanalyse: Zurück. Genau hingehört.
Das große Highlight, das zwielichtige Duett "Chasseur de tête", ist von einem anderen Kaliber: Zärtlich umspielt Lakkinen den Singsang von Duettpartnerin Melée (Psycho Path). Zu den rauen, bluesigen Gitarren- und Bass-Motiven gesellt sich ein Saxophon, übersteuert, überdreht und ergreifend. Ampersand sind angekommen. Eingefahren zwischen Krach und Melodie, spielen sie mit allerlei Groove und Druck, kombinieren vielerlei Elemente. Das ist so ungeheuerlich stimmungsreich, dass man es immer weiter hören möchte. Eine Schande, dass die Platte so kurz geraten ist.
Highlights & Tracklist
Highlights
- That day
- Tony Tony
- Chasseur de tête
Tracklist
- Home Tom
- That day
- Everyone stares
- Tony Tony
- Make 'em bleed
- Closer
- Chasseur de tête
- Take it
- Don't let it go
- Dead one and a horse
Referenzen
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