Bowerbirds - Upper air
Dead Oceans / CargoVÖ: 10.07.2009
Hinter den Ohren
Nur eine wirklich gute Band kann alles anders machen als bisher, indem sie vordergründig betrachtet alles genauso macht wie bisher. Auf dem neuen Album der Bowerbirds etwa scheint die einzige echte Neuerung eine Marimba zu sein, das die meiste Zeit über ohnehin nicht benutzt wird. Der Sound der Band aus Raleigh, North Carolina steht weiterhin auf vier stabilen Tischbeinen: dem Pärchengesang von Phil Moore und Beth Tacular, seiner Akustikgitarre, ihrem Akkordeon und den Drums von Matt Damron, die man so natürlich auch nur nennen kann, weil Mike Portnoy mit Sicherheit nicht mitliest. Zwischen "Upper air" und seinem Vorgänger "Hymns for a dark horse" liegen trotzdem ganze Weltanschauungen - Bowerbirds singen und schreiben plötzlich nicht mehr für die Allgemeinheit, sondern über sich selbst. Sie loben nicht mehr das Leben im Grünen, sondern ihr Leben im Grünen.
Vielleicht ist das biologisch abbaubare Wunderhaus fertig geworden, das Moore und Tacular in ihr Stückchen Wald bauen wollten, und jetzt kommen sie einfach nicht mehr nach draußen. Vielleicht erschien ihnen ein enger abgesteckter Themenkreis nach Monaten der Reizüberflutung auf Tour auch besser zu handhaben. Zweistimmig singen sie jedenfalls "You are free from the greed of your culture / You are free from the lust or the luster / Of the diamond houses in the city's cluster" und meinen wohl jeweils den anderen. "Upper air" beginnt mit solchen Lehren und einem Streicherarrangement aus Gottes eigener Westentasche - es ist nicht zu schön, um wahr zu sein, sondern schöner als jede Wahrheit, die Bowerbirds auf "Upper air" noch erzählen werden.
Trotzdem behält die Band ihren selbstbewusst eingeschlagenen Kurs auch in der Folgezeit bei: "Silver clouds" entkommt seiner Wetterfühligkeit mit einem Finale aus Marimba- und Snare-Dramaturgie. "Beneath your tree" nimmt den gleichen Schwung als rustikaler, buchstäblich hölzerner Rocksong mit, in dem Damron mit besonderer Entschlossenheit auf sein Spanplatten-Schlagzeug einschlägt. Und "Ghost life" probt danach den völligen Stillstand, nur um aus sanften Klavierakkorden, Trommelwirbeln und neuerlichen Marimba-Tupfern wiedergeboren zu werden. Andere verheben sich an solch abrupten Ausdrucks- und Stimmungswechseln. Für Bowerbirds sind sie nur zwei Farben auf der gleichen Palette. "You own the stars, you own the thunder / But you have to share it all."
Es ist vor allem Moore, der einem solche Zeilen auf "Upper air" mit besonderer Überzeugungsgabe hinter die grünen Ohren schreibt. Das in jeder seiner 174 Sekunden und sonstigen Hinsicht als Herzstück der Platte erkennbare "Northern lights" muss deshalb auch gar keine großen Streckversuche unternehmen - Bowerbirds bleiben stromlos glücklich, ihrer eigenen Selbstbeschränkung treu und klingen doch noch ausdifferenzierter als bisher, wenn eben dieser Song seine unter allen zehn Fingernägeln brennende Rastlosigkeit mit einleuchtend einfacher Basisarbeit nachstellt. "I do need the wind across my pale face / And I do need the fern to unfurl in the spring / And I do need the grass to sway / Yes, I do need to know my place", singt Moore diesmal - und lässt einem vor lauter ernsthafter Aufrichtigkeit gar keine Chance, ihn als Tree Hugger zu belächeln.
Highlights & Tracklist
Highlights
- House of diamonds
- Silver clouds
- Northern lights
- Crooked lust
Tracklist
- House of diamonds
- Teeth
- Silver clouds
- Beneath your tree
- Ghost life
- Northern lights
- Chimes
- Bright future
- Crooked lust
- This day
Im Forum kommentieren
kyuss
2011-11-12 12:07:07
So eine großartige Scheibe und leider so wenig Beachtung?
kyuss
2011-11-12 12:07:07
So eine großartige Scheibe und leider so wenig Beachtung?
Arome
2010-08-23 21:39:49
Was für Gitarrenstrings werden hier eigentlich im Vergleich zum Vorgängeralbum genutzt?!
Spice
2009-07-17 12:26:58
Meiner Meinung nach klingt das Gitarrenspiel (im Vergleich zum Vorgänger) manchmal etwas arg ruppig und "hart" (so bei House Of Diamonds, Beneath The Tree, Northern Lights). Diese Richtung geht ja quasi einher mit dem verstärkten Einsatz des Schlagzeugs. Bei Chimes (mit einem übrigens sehr schönen "Intro", einen Ausbau solcher athmosphärischen Synthie-Klänge für die Zukunft könnte ich mir gut vorstellen) funktioniert dies noch ganz gut, bei den weiter oben genannten Titeln wirkt es aber eher deplatziert und erzeugt eine gewisse "Hektik", die die Intimität des Vorgängers nicht so recht treffen mag.
Das Cover hätte man sicher auch schöner gestalten können, was Motiv und Schriftzug betrifft...
hermit
2009-07-17 10:23:19
Hab es mir jetzt auch für den stolzen Preis von 18 Euro gekauft. Aber es hat sich gelohnt. Vielleicht ist der Vorgänger einen minimalen Tick besser, dafür ist "Upper Air" mit seinen 10 durchgängig guten Songs kompakter. Schöne Momente gibt es hier genauso wie bei "Hymns For A Dark Horse". Eine großartige Weiterentwicklung kann ich zwar nicht feststellen... aber egal.
8/10
:)
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