Riverside - Anno Domini high definition

InsideOut / SPV
VÖ: 03.07.2009
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Vier gewinnt

Irgendwie wurde es ja Zeit, dass Riverside hinter ihren Konzeptalben-Zyklus "Reality dream", den sich die Polen für ihren Karrierestart ausgesucht hatten, einmal einen Haken machen. Nach einer Story, die eh niemand so richtig begriffen hat, gilt es also erstmals, ohne Masterplan zu komponieren. Doch ganz ohne Symbolik und roten Faden ist's den Herren offenbar zu langweilig geworden, so dass auch mit dem vierten Studioalben vermeintliche Zufälle eben nur vermeintlich solche sind.

Dass die vierte Platte eine Spielzeit von 44:44 Minuten aufweist: Geschenkt. Spannender hingegen ist, dass sich der Albumtitel zu "ADHD" abkürzt, also: Attention-deficit / Hyperactivity disorder. Blitzt da etwas Rotes auf? Eben. Denn "Anno Domini high definition" steht für den immer schneller eilenden Fortschritt und natürlich das, was mit dem Tempo nicht mehr Schritt halten kann. Ganz ohne Hirnverrenkungen geht es halt doch nicht im Hause Riverside.

Dafür ist die Musik, um endlich einmal zum Wesentlichen zu kommen, umso geradliniger. Denn die Polen progrocken wie von der Last eines Konzepts befreit darauf los. Die den Opener "Hyperactive" einläutenden sanften Pianoklänge werden dann auch konsequenterweise von krachenden Riffs abgelöst, die mitunter gar an Größen wie Rush erinnern. Noch deutlicher wird dieser Ritt durch das Genre auf "Driven to destruction", angetrieben durch furiose Keyboards und unerwartet aggressiven Gesang.

Als wäre dies das Vorgeplänkel gewesen, findet der beeindruckte Hörer immer mehr Elemente überschäumender Spielfreude. Vom Wechselspiel pluckernder Synthesizer mit Bläsern auf "Egoist hedonist" bis hin zu Blastbeats und wüsten Schreien auf "Hybrid times" legen Riverside exakt das zum Gesamtkontext passende Tempo vor, energetisch und mit gerade eben noch kontrollierbarer Kreativität.

"Anno Domini high definition" wirkt über weite Strecken wie ein - ungewollter? - Befreiungsschlag. Dabei kombinieren die Polen "nur" das Unverbrauchte, Ungestüme der Siebziger mit modernem progressivem Rock. Und definieren dabei mal eben ihren eigenen Stil, der auf den früheren Alben noch ein wenig diffus war. Das eingangs erwähnte Aufmerksamkeitsdefizit ist jedenfalls definitiv nicht nötig, um die Szene kräftig aufzumischen. Dafür gibt's dann auch gleich zweimal vier Punkte - denn der rote Faden schließt sich kaum einmal derart stil- und sinnvoll wie hier.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Egoist hedonist
  • Hybrid time

Tracklist

  1. Hyperactive
  2. Driven to destruction
  3. Egoist hedonist
  4. Left out
  5. Hybrid times
Gesamtspielzeit: 44:44 min

Im Forum kommentieren

nagolny

2023-04-13 22:03:58

Das ADHS-Album. Ja, kann was. Klingt wie Porcupine Tree meets Gary Numan meets Opeth meets Pink Floyd. Etwas hektisch und wirr und verzettelt und zugeklatscht und ständig unter Strom. Aber auch irgendwie sensibel, zerbrechlich, empathisch, meditativ. Der volle Batzen moderne Reizüberflutung trifft ein melancholisches Gemüt und auf verträumte Nachdenklichkeit. Gelungen umgesetztes Konzept. Aber eben auch anstrengend.

Demon Cleaner

2015-07-12 11:48:55

Ich hab den Threadtitel mal angepasst und einen Thread für das neue Album

Wolfgang

2015-07-12 10:33:01

Neues Album "Love, Fear and the Time Machine" erscheint im Herbst.
Neuer Song: http://bushwickbomb.com/2015/07/01/beyond-bushwick-spocks-beard-streaming/
Find ich Klasse.

Wolfgang

2011-06-18 18:20:04

Ja, habe sie bei Amazon gekauft. Sehr gelungen! Große Melodien!

keenan

2011-05-16 14:40:49

schon jemand die neue EP memories in my head gehört? gibts auf der aktuellen tour und ab dem 20. juni auch offiziell zu kaufen

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