
Busdriver - Jhelli Beam
Anti / Epitaph / SPVVÖ: 19.06.2009
Schwindelerreger
Normalerweise hat man im Underground-HipHop natürlich keine Luxusprobleme, aber wie quasi immer ist Busdriver auch hier gerne die Ausnahme zur Regel. Nicht nur, dass ihm die Wörter so schnell von der Zunge springen, dass Eminem plötzlich aussieht, als rappe er in Zeitlupe. Busdriver kennt auch noch all diese klugen Produzenten mit ihren fortschrittlichen Ideen von Beats und Trackaufbauten. Für seine Musik heißt das seit jeher, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst hinhören soll - und was das angeht, will "Jhelli Beam" ausnahmsweise auch gar nicht die Ausnahme zur Regel sein. Es geht wieder hoch her und in alle Richtungen auf dem siebten Album von Busdriver. Vor allem aber geht es wieder vorwärts.
"Roadkill overcoat" fing vor zweieinhalb Jahren mit zwei der besten Busdriver-Tracks überhaupt an, hatte danach aber zusehends mit Durchhängern und heißer Luft zu kämpfen. "Jhelli Beam" hat seine stärksten Momente ebenfalls in der ersten Albumhälfte, lässt aber auch später kaum nach, hält sich 50 Minuten lang bei Laune und das Silben-pro-Sekunde-Aufkommen immer in Schwindel erregenden Höhen. Angestachelt von gesunder Wahljahr-Paranoia, frisch entdecktem Interesse an indischer Musik und dem hehren Ziel, den Conscious Rap zu Grabe zu tragen, haut Busdriver einmal mehr alles raus, was für einen wie ihn noch irgendwie als Überraschung durchgeht. Er muss sich hier also ganz schön strecken, schon mal giftig und garstig werden - und dann sogar die klassische Musik fleddern.
Das spektakulär schnelle und entnervende "Me-time (with the pulmonary palimpsets)" bedient sich bei Mozarts elfter Sonate - auf "Jhelli Beam" ist das aber höchstens ein Aufreger unter vielen. Der Sci-Fi-HipHop von "Fishy face" holt sich zum allgemeinen Kontrollverlust schließlich den Deerhoof-Gitarristen John Dietrich ins Boot, und wenn Nick Thorburn für "Happy insider" einen psychedelischen Chorus einsingt, gehört der Gast zwar hauptberuflich zu Islands, ist aber doch an der Erfindung von so etwas wie Rapmusik mit Flaming-Lips-Blickwinkel beteiligt. Ein typischer Moment für "Jhelli Beam", auf dem alles und nichts zusammengehört, aber niemals irgendetwas beliebig erscheint.
Für Busdriver ist so viel wiedergefundene Konstanz ein guter Grund, sich selbst durch den Kakao zu ziehen: "Least favorite rapper" lässt kein gutes Haar an der eigenen Frisur, Karriere und Zungenbrecher-Freund Nocando, weil sonst ja noch jemand glauben könnte, dass die unverfrorene Kunstbeflissenheit der L.A.-Ode "Handfuls of sky" kein Betriebsunfall ist. Schwer abzusehen, ob es langfristig gut sein kann, Busdriver auch noch Glockenspiel, Geige, Viola und Cello zum Spielen zu geben. Auf "Jhelli Beam" jedenfalls ist so ein Spießumdreher auch nicht mehr als die nächste sinnvolle Sinnlosigkeit.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Split seconds (Between nannies and swamis)
- Handfuls of sky
- Least favorite rapper
- Quebec and back
Tracklist
- Split seconds (Between nannies and swamis)
- Me-time (with the pulmonary palimpsets)
- Handfuls of sky
- Scoliosis Jones
- Least favorite rapper (feat. Nocando)
- Quebec and back
- Do the wop
- World agape
- Manchuria (feat. Mikah-9)
- Unsafe sextet/Gilded hearts of booklovers
- Happy insider (feat. Nick Thorburn)
- I've always known
- Fishy face (feat. John Dietrich)
- Sorry. Fuckers.
Referenzen
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- Busdriver (2 Beiträge / Letzter am 09.08.2011 - 22:03 Uhr)