Wilco - Wilco (The album)

Nonesuch / Warner
VÖ: 26.06.2009
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Wilco (The review)

Die Beschäftigung mit Selbstbezüglichkeit führt schnell auf die Metaebene. Dass dort oben in der Abstraktion auch echten Gefühlen nachgespürt werden kann, konnten Philosophen noch nicht mit Sicherheit bestätigen. Gut, dass Jeff Tweedy kein Philosoph ist, sondern Musiker. Darum gibt's auf "Wilco (The album)" kaum Probleme, sondern reichlich Musik und obendrauf noch eine Schulter zum Ausweinen. In der lustig rumpelnden Eigenwerbung "Wilco (The song)" verspricht Tweedy, "Wilco will love you, baby". Liebenswert war seine Band schon immer, jetzt liebt sie offiziell zurück.

Schon vor dem vorigen Album wurde Tweedy nicht nur eine lästige Abhängigkeit los, sondern war nach diversen Personalwechseln auch endlich glücklich mit der gemeinsamen musikalischen Vision seiner Band. Die ließ nach dem fantastischen Livedoppel "Kicking television - Live in Chicago" ihr Können im wohltemperierten Siebziger-Jam von "Sky blue sky" münden. Man hörte eine Band, die das Wissen einer ganzen Popkultur in jeder Achtelnote transportierte und doch dieses Wissen nicht angeberisch zur Schau stellte. Auch auf "Wilco (The album)" sind Wilco keine Besserwisser, Besserhörer oder Besserspieler. Sie freuen sich über sich selbst und lassen ihrer Zuhörer daran teilhaben.

Im Mittelpunkt von Wilcos siebtem Studioalbums steht ein entspanntes "You never know", in dem Tweedy ein befreites "I don't care anymore" zu wippendem Klavier, Brutzelgitarre und dickem Respekt für George Harrison singt. "Every generation thinks it's the last / Thinks it's the end of the world" - nicht mit ihm. Tweedy ist viel zu sehr damit beschäftigt, noch ein wenig mehr Schönheit in seinen Melodien unterzubringen, als dass er Trübsal blasen wollte. Es gibt einen guten Grund dafür: Gemeinschaft. Das besinnlich schunkelnde "I'll fight" will sich pflichtschuldig dafür opfern. Tweedy und Leslie Feist raufen sich für "You and I" doch noch einmal zusammen. "One wing" preist vor seinem Zerfasern den Zusammenhalt, da ja einzelne Flügel nicht fliegen können. Selbst "Country disappeared", dass das Land so beschreibt, wie George W. Bush es hinterlassen hat, findet dank Gemeinsamkeit noch zu so etwas wie Hoffnung. Und ausgerechnet das Pedal-Steel-verzierte "Solitaire" ist das melancholischste Lied des Albums.

Drei gegensätzliche Stücke zeigen die ganze Spannweite von "Wilco (The album)" auf. "Sonny feeling" huldigt hemmungslos dem Powerpop von Big Star und wäre völlig harmlos, wenn nicht am Ende dieses merkwürdige Gitarrengesumme ankäme. Das Kammerspiel "Deeper down" ist mit zahlreichen Details gespickt, die Weite und Tiefe verleihen, macht dabei aber einen Bogen um Störfeuer wie einst bei "Yankee hotel foxtrot". Ganz im Gegensatz zur unheimlichen Mörderperspektive "Bull black nova". Der Song kreiselt und zaudert, reibt sich am Krautrock, hält sich an Fusionjazz fest und geht mit wehenden Neil-Young-Gitarren unter. Besonders bei diesem Stück spürt man die musikalische Kraft dieser Band, doch auch hier wirkt das Zusammenfließen der Gegensätze völlig logisch. In Sachen Erfindungsreichtum, Schöngeist, Melancholie, dosiertem Lärm und cleverem Wohlklang schiebt sich "Wilco (The album)" damit passgenau zwischen "A ghost is born" und "Sky blue sky" ein. Womit Wilco schon wieder ein Album zum Liebhaben geschaffen haben. Ganz ohne theoretischen Überbau.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • One wing
  • Bull black nova
  • You never know
  • I'll fight

Tracklist

  1. Wilco (The song)
  2. Deeper down
  3. One wing
  4. Bull black nova
  5. You and I
  6. You never know
  7. Country disappeared
  8. Solitaire
  9. I'll fight
  10. Sonny feeling
  11. Everlasting
Gesamtspielzeit: 42:46 min

Im Forum kommentieren

humbert humbert

2011-07-02 13:52:46

Ich glaube ich bewert mal:

Wilco (The Song) – 6/10 (Netter Beginn)
Deeper Down – 9/10 (Der beste Song des Albums)
One Wing – 5/10 (Der Text ist ja ganz OK, aber mit der Melodie kann ich mal gar nichts anfangen, in meinen Ohren langweiliger Rock)
Bull Black Nova – 6/10 (Haben die bei Spiders besser hinbekommen, aber der Übergang vom ersten zum zweiten Teil des Songs ist genial)
You and I – 3/10 (Genau die Art von Indie Musik, die mir mal gar nicht gefällt)
You Never Know – 6/10 (Nett)
Country Disappeared – 9/10 (Beginn der 2. tollen Hälfte des Albums)
Solitaire – 9/10 (Könnte auch auf Sky Blue Sky sein)
I'll Fight – 8/10 (Gefällt mir)
Sonny Feeling – 7/10 (Die klassischen Rocklieder von Wilco gefallen mir recht selten, aber das ist schon recht gut, obwohl Eminem 2009 bereits ein alter Hut war)
Everlasting Everything – 8/10 (Wieder mal ein Topabschluss eines Wilcoalbums)

Insgesamt: 7/10

Es ist halt nicht so recht homogen. Hoffentlich wird beim 2011er Album mal wieder mehr mit Sounds gearbeitet wie bei YHF, aber wenn nicht, auch nicht so schlimm, hauptsache ein neues Wilcoalbum.

humbert humbert

2010-05-22 11:32:02

Einer der besten Songs des Albums Live. Vielleicht nicht so genial wie Bob Dylans Liveversion von Things Have Changed, wie sie auf dem Album "The Bootleg Series Vol. 8 – Tell Tale Signs" zu finden ist - nichtsdestotrotz ziemlich gut und mit einem leichten Hätte-auch-so-auf-A-Ghost-Is-Born-erscheinen-können-Touch.

Housemeister

2009-09-30 00:57:58

noch nicht aber bald bestimmt.

=

2009-09-30 00:55:13

k a p u t t ?

=

2009-09-30 00:55:12

k a p u t t ?

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