
Datarock - Red
Nettwerk / SoulfoodVÖ: 05.06.2009
Stop making sense
So, die Achtziger waren also eine grauenerregende Zeit? Eine, der man nur sehnsüchtig gedenken kann, wenn man sie selbst nicht miterlebt hat? Mit furchterregender Kleidung und Frisuren zum Weglaufen? Mag sein, doch das 21. Jahrhundert ist zuweilen auch nicht viel besser. Siehe Datarock, die monströse Sonnenbrillen und knallrote Trainingsklamotten mit dem Bandnamen als Corporate Identity tragen. Es könnten aber auch überdimensionale Anzüge und Trichter auf dem Kopf sein. Was folgerichtig wäre. Immerhin bezeichnen Fredrik Saroea und Ketil Mosnes niemand Geringeres als Devo als ihre "biological parents", und die Talking Heads haben beim musikalischen Zeugungsprozess der Norweger bestimmt ebenfalls ein Wörtchen mitzureden gehabt.
Doch wo die New Yorker erst nach mehrjährigem Bestehen die Parole "Stop making sense" ausgaben, fangen Datarock erst gar nicht damit an. Sinn Null und Spaß dabei. Da passt es zum offenbar goldenen Humor der beiden, wenn der Text von "True stories" ausschließlich aus Songtiteln von David Byrnes Band besteht und mit kehliger Kopfstimme und kalkweißem funky shit den Sound ihrer Spätsiebziger- und Frühachtziger-Platten nachbaut. Schon auf dem Debüt "Datarock Datarock" waren die beiden nämlich listige Witzbolde, die ein buntes Trash-Karussell veranstalteten, wo zwischen zackigem Electro-Dance und schmierigen Balladen alles möglich war und aus "Nightflight to Uranus" sogar "Nightflight to your anus" wurde.
Auch auf "Red" verzapfen Datarock wieder jede Menge Unfug: Sie lassen sich Bill Gates und Steve Jobs per Sampling darüber unterhalten, dass dieses Internet im Grunde ja doch kein Mensch braucht. Sie himmeln schmachtend die Achtziger Kino-Ikone Molly Ringwald an. Und sie spielen auch ansonsten gekonnt auf der Umhängeklaviatur von Trash und Kitsch, Disco und Rock, peinlich und zwingend. Vergessen dabei jedoch nicht, dass ihre Musik auch auf heutige Tanzböden passen sollte. "Give it up" und "Dance!" etwa prügeln sich mit zwirbelnden Gitarren und kickenden Beats um die Nachfolge des groovigen Hits "Fa fa fa". Die trocken verhallenden Riffs und nah am Schmalz vorbeisegelnde Melodie von "Amarillion" zockeln direkt hinterher, und das störrische "But not me" macht gegen Ende sogar richtigen Lärm - wenn auch nur kurz.
Eine Kürze, die diesem Album nicht immer nützt. Datarock graben viele Löcher, machen unzählige Stippvisiten bei Electro, Synthi-Pop, New Wave und Post Punk, sind aber oft nicht willens oder in der Lage, etwas davon so lange durchzuhalten, dass mehr daraus wird als launige Referenzhölle oder fortgeschrittenes Augenzwinkern für abstraktionsbegabte Nerds. Hauptsache, Band und Hörer haben ihre Freude daran. Und mehr wollen zumindest Datarock offensichtlich auch gar nicht. Was natürlich ihr gutes Recht ist, "Red" aber auch etwas unnötig zu einem zwar äußerst unterhaltsamen, aber voraussichtlich kurzlebigen Comic-Strip macht. Vielleicht bald sogar nur zu einer Randnotiz. Aber wenigstens wurde getanzt und herzlich gelacht. Wie vor ein paar Jahrzehnten auch schon einmal.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Give it up
- True stories
- Amarillion
- Not me
Tracklist
- The blog
- Give it up
- True stories
- Dance!
- Molly
- Do it your way
- In the red
- Fear of death
- Amarillion
- The pretender
- Back in the seventies
- Not me
- New days dawn
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asasasasa
2009-06-01 13:06:18
neues Album von denen,songs kann man bereits auf myspace hören :)
wäre nett wenn da sne rezi bekommen würde, wo das debut doch schon ignoriert wurde :(
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