Kasabian - The West Ryder Pauper Lunatic Asylum

Columbia / Sony BMG
VÖ: 05.06.2009
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die hoffnungslosen Fälle

Jetzt stecken Kasabian also mittendrin: Das West Ryder Pauper Lunatic Asylum aus dem Albumtitel war das erste Irrenhaus Englands. Und bietet sich damit formidabel als thematischer Zusammenhalt für die längst verquaste Welt des Quartetts an. Konzeptuell ist das ein Volltreffer: Die Band wuselt durch die britische Popgeschichte, als gäbe es keine Totenruhe. Namen gefällig? Syd Barrett, die Beatles, die Stone Roses oder Primal Scream. Solch offensichtliche Zitierung wirkt unwirklich und unnahbar. Doch ist sie so gewollt, denn Kasabian spielen mit den Irrungen von Schizophrenie und tatsächlicher Identität.

Es wummert, als wäre "The piper at the gates of dawn" ein ferner, vernebelter Traum. Hypnotisch und märchenhaft bauen Kasabian zuweilen ihre Intros auf, lassen sie mit stoischem Beat einbrechen und verfallen schon bald wieder ins Nebulöse. Über all dem schwebt der Absturz des letzten LSD-Einschmisses. Es ist ein langer Weg von der wilden und exzessiven Psychedelik des eingängigen "Underdog" bis zum großen Gospelchor im finalen "Happiness". Die Beatles-Hommage "Where did all the love go?" scheint der perfekte Einstieg in den Rest: Wird da Lennon gesampelt? Ist das nicht ziemlich "Sgt. Pepper"-like? So kann’s weitergehen.

Das Instrumental "Swarfiga" ist da von einem anderen Kaliber: Eine Zeit vor den aufgequollenen Pink Floyd, als Syd Barrett seinen Namen noch schreiben konnte. Zitate, wohin das Ohr reicht. Langsam manifestiert sich die Gewissheit: Kasabian kommen mit "The West Ryder Pauper Asylum" gute vierzig Jahre zu spät. Wird der Weg vom zwielichtigen "Empire" auch konsequent fortgeführt: Kasabian haben nun einen gewichtigeren Sound, bessere Songs, doch die ureigene Identität scheint lediglich als Abziehbild zu funktionieren. Eine wahrhaftige Identitätskrise.

Das wundersame "West Ryder Silver Bullet" kann da mit seiner Sitar und klammen, bedrückenden Soundspielereien beeindrucken, das bekiffte "Ladies and gentlemen (Roll the dice)" sogar zum Jubelsturm hinreißen: So knietief stand lange keiner mehr im Swinging London. Keine Frage: "The West Ryder Pauper Lunatic Asylum" ist ein gelungenes Album, das lediglich einem ziemlich tollkühnen Konzept zugrunde liegt: die einmalige Vermischung von Hedonismus, Optimismus, Kulturen, Emanzipation und Genialität in die Gegenwart zu holen. Es funktioniert nicht. Obwohl man gerne hinhört.

(Christian Preußer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Where did all the love go?
  • Ladies and gentlemen (Roll the dice)
  • Happiness

Tracklist

  1. Underdog
  2. Where did all the love go?
  3. Swarfiga
  4. Fast fuse
  5. Take aim
  6. Thick as thieves
  7. West Ryder Silver Bullet
  8. Vlad The impaler
  9. Ladies and gentlemen (Roll the dice)
  10. Secret alphabets
  11. Fire
  12. Happiness
Gesamtspielzeit: 53:15 min

Im Forum kommentieren

Socko

2024-03-07 16:50:31

Eigentlich waren die immer ganz ok oder gut. Selbst ohne Tom. Und auf Albenlänge auch nicht die Superduperband. Mindestens die Hälfte der Songs auf den Alben war immer solala. Daran hat sich grundsätzlich nie was geändert. Und live waren sie immer eine Bank, auch ohne Tom, sogar noch mehr, muss ich sagen. Und das englische Publikum scheint mir da recht zu geben, wenn ich die neueren Shows so anschaue. Denen ists schnuppe, wer der Sänger ist. Die Stimmlage ist ähnlich, also so what?

peter73

2024-03-07 16:42:51

where did all the love go?

nörtz

2024-03-07 12:52:18

Kann ich nicht zustimmen. Das Album hier ist immer noch sehr gut und ein 15/10-Album war das Debüt nun auch nicht.

Blanket_Skies

2024-03-07 12:41:13

@Lordran: Stimme ich zu. Der Qualitätsabfall ist wohl bei keiner Band von Debüt zu Album 2 so stark wie bei Kasabian. Den einen Hit hatten sie für mich trotzdem bei jedem weiteren Album noch drauf - leider waren die restlichen Songs dann meist nicht so doll.

Lordran

2024-03-07 09:37:39

Meiner Meinung nach hätte sich die Band nach dem Debüt auflösen können.
Diese düsteren herausragenden Songs haben sie danach nie wieder hinbekommen.

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