Clues - Clues
Constellation / Southern / Al!veVÖ: 15.05.2009
Zweiter Bildungsweg
Jede Platte muss irgendwann und irgendwie losgehen, aber man kann die Sache natürlich so lange rauszögern wie möglich. Bei Clues und ihrem Debütalbum funktioniert das so, dass der Start zweimal abgebrochen wird, "Haarp" nur ausgesprochen widerwillig zu sich selbst findet und überhaupt erst in der letzten Minute so etwas wie Antrieb auf den Gitarrensaiten erkennen lässt. Erfolgsmenschen schlagen da natürlich die Hände über dem Kopf zusammen: Fast jeder, der Clues jemals hören wird, wird diesen Song zuerst hören, und dann eiert die Band aus Montreal erst mal herum wie nicht richtig aus dem Bett gekommen. Aber es passt ja zu ihr - sie schart sich schließlich um zwei der größten Karriereabbrecher, die Kanadas Indierock-Elitestützpunkt in den letzten Jahren gesehen hat.
Sänger und Gitarrist Alden Penner war Mitglied der ebenso talentierten wie selbstzerstörerischen Unicorns und setzte sich nach deren Auflösung erst mal für ein Jahr nach Australien ab, um dort über ein lokales Kleinvieh-Label seine erste Solosingle zu veröffentlichen. Multiinstrumentalist Brendan Reed hat es allerdings noch übler verbockt: Er sang und spielte Schlagzeug auf der Debüt-EP von Arcade Fire, stieg dann aber gerade noch rechtzeitig aus, um deren Übernahme der Weltherrschaft zu verpassen. Clues also sind sicherlich das, was ihre Stadt- und Szenenachbarn von The Dears als "Gang of losers" bezeichnen würden - wer das erst mal im System hat, hört sie dann aber mit der nachdrücklichen Trotzigkeit einer Band aufspielen, die nach wie vor daran glaubt, keine eigene MySpace-Seite zu benötigen.
Bevor sich "Clues" mit seiner abschließenden Klavier-only-Ballade "Let's get strong" selbst über den Haufen wirft, tigert es nervös um liegengebliebene Gitarrenmotive der Unicorns herum, adoptiert deren Larifari-Haltung gegenüber konventionellen Songaufbauten und orientiert sich auch inhaltlich an den psychedelisch vernebelten Kinder- und Horrorgeschichten der weiterhin prototypischen Chaoten-Popband des 21. Jahrhundert. Eine treudoofe Kopie der eigenen Vergangenheit kommt für Penner aber nicht infrage: Clues schlängeln sich problemlos um das letzte bisschen Crazyness der Unicorns herum, bündeln ihre Songs gewissenhafter und schwingen auch schon mal sachlich die Gitarrenaxt. "Cave mouth" marschiert da vorneweg - hier wird der Songbeginn zwar noch am Ende des Nerven aufreibenden Verzögerungstaktikers "Elope" untergestellt, aber anhaben kann das seiner rechtwinkligen Kein-Bullshit-Attitüde auch nichts mehr. Danach fehlt eigentlich nur noch ein Hit.
Statt sich da irgendwelche Beine auszureißen, suchen Clues lieber das kleine Sonderlob: Reed verdient es sicherlich für sein immer originelles, kopfhörerfreundliches Drumming, das im treffend getauften "In the dream" vor allem wegen der Schläge auf Snare und Tom-Toms funktioniert, die er sich verkneift. Penner spielt ein Lied später an biegsamen Gitarreneffekten herum, erinnert sich aber gerade rechtzeitig für den Schlussanstieg von "You have my eyes now" noch an seine obersten Schrammelabsichten. Und "Perfect fit" beschleunigt sein E-Piano so dramatisch, dass selbst Matthew Bellamy die Pomade vom Scheitel schmelzen sollte. Schließlich noch der bereits erwähnte, obligatorisch antiklimatische Abgang - "Ledmonton" verwirft die Idee eines Akustiksongs schon nach dem Intro, feiert stattdessen sich und seine Bläser, und "Let's get strong" bringt das alles auf dem falschen Fuß zu Ende, damit sich auch ja niemand an die Platte erinnern wird. Deshalb schlechte Nachrichten für Clues: Nach dem vierten Versuch wird sogar ihr verbockter Albumopener richtig gut.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Haarp
- Approach the throne
- You have my eyes now
- Cave mouth
Tracklist
- Haarp
- Remember severed head
- Approach the throne
- In the dream
- You have my eyes now
- Perfect fit
- Elope
- Cave mouth
- Crows
- Ledmonton
- Let's get strong
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Bonzo
2012-04-19 15:13:59
Tolles Album, bisher kein Thread.
Locker 8/10.
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