Eight Legs - The electric kool-aid cuckoo nest
Snowhite / UniversalVÖ: 15.05.2009
Fernsehhäppchen
Eddie Argos von Art Brut ist jemand, mit dem man zumeist konform geht. Nur als er einmal "I can't stand the sound of The Velvet Underground" sang, konnte man darüber doch die Stirn runzeln. Eight Legs würden so etwas jedenfalls nie sagen. Die verehrten die legendären New Yorker mit Dauerkarte für die Warhol-Factory nämlich schon immer und haben mit Stardesigner Hedi Slimane sogar einen popkulturell ähnlich relevanten Mentor an ihrer Seite, der die Band einkleidet und bei seinen Modenschauen auflaufen lässt. Und trotzdem klingt das Quartett aus Stratford-upon-Avon auf dem Nachfolger des Brit-rotzigen "Searching for the simple life" nicht exakt wie Lou Reed und Kollegen.
Doch woran orientiert sich dieses Album dann? Außer an Tom Wolfes Gonzo-journalistischem Hippie-Standardwerk "The electric kool-aid acid test", im Titel nur äußerst rudimentär unkenntlich gemacht? Und außer in gewissem Maße an britischem Lad-Rock? Abgemilderte Johlchöre, kontrapunktisch gegeneinanderlaufende Lead- und Rhythmusgitarre, meist gedrosseltes Tempo und bei aller vernuschelten Nölerei eine undefinierbar neblige Grundstimmung - da war doch was gewesen vor mehr als 30 Jahren? Schon der zweite Song weiß Rat: "I was born in 1987 / Rest assured that was not my decision / House and home and job and" - aha, oho - "television." Dankeschön.
Eight Legs haben sich also nicht lange mit der Frage aufgehalten, wo eigentlich Tom Verlaine ist, wenn man ihn einmal braucht, sondern ein Album eingespielt, das sich vor dem Television-Klassiker "Marquee moon" stellenweise so tief verbeugt, dass die vier jeden Moment vom Laufsteg zu kippen drohen. Und auf einmal ist es wieder Punkrock, wenn sich eine Band zweckmäßige Selbstbeschränkung auferlegt und kompakte Songs ohne einen Ton zu viel spielt, statt wild in der Gegend herumzuschreien. "I understand" und "Just so you know" rufen mit wohligem Gewippe ins Gedächtnis, dass Rockmusik auch kicken kann, ohne dass man hinterher einen Eisbeutel für den Allerwertesten braucht. "Stay cool" wompert dagegen etwas schärfer durch die Gegend und belegt, dass auch Eight Legs dem Erbe der Libertines bestenfalls bedingt entfliehen können.
"I wish it was the sixties" macht im Grunde das gleiche, hat sich aber leider im Jahrzehnt vertan. Doch vielleicht ist das ähnlich wie die quietschbunten Ganzkörper-Tierkostüme, in denen die Band auf dem Cover steckt, auch nur eine spezielle Art britischen Humors. "Dystopian not so future" versucht zwar mit Druck auf die Tränendrüse und wehen Streichersätzen vom Wesentlichen abzulenken, und der siebenminütige Acid-Test zum Schluss nähert sich zumindest in puncto Spielzeit LSD-induzierten Mini-Epen an. Der Rest von "The electric kool-aid cuckoo nest" bleibt jedoch ein genauso glasklarer wie stilvoller Hofknicks vor alten Meistern, der anfangs bass erstaunt und sogar begeistert, dem es auf Dauer aber auch ein wenig an eigener Inspiration und weiteren Überraschungsmomenten mangelt. Immerhin: Ein kleiner Schritt für die Musik, ein großer für Eight Legs.
Highlights & Tracklist
Highlights
- I understand
- Stay cool
- Just so you know
Tracklist
- I understand
- Stay cool
- Just so you know
- Dystopian not so future
- More than nothing at all
- I don't have the time
- I wish it was the sixties
- Untitled
- Nothing between the lines
- Make it happen
- The electric kool-aid acid test
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- Eight Legs - Searching for a simple life (7 Beiträge / Letzter am 01.11.2009 - 21:25 Uhr)