John Vanderslice - Romanian names
Dead Oceans / CargoVÖ: 22.05.2009
Muttersprachler
Auf bisher sechs Soloalben und einer Compilation ist John Vanderslice alles außer egal gewesen: Als hellwacher Popsongautor, nerdiger Elektro-Entertainer, strammer Gitarrenrocker, gut behüteter Streicherarrangeur und fest verklebter Hybrid seiner Alter Egos hat er eine verlässliche Platte nach der anderen aufgenommen, nie ernsthaft am Meisterwerk geschnuppert, aber ebenso wenig den Eindruck gemacht, dass ihn auf seiner sorgfältig eingezäunten Spielwiese irgendwas ins Stolpern bringen könnte. Für einen 42-jährigen Indierock-Veteranen mit 15 Jahren Berufserfahrung und Bandvergangenheit bei MK Ultra heißt das natürlich: Entweder es passiert jetzt endlich mal etwas wirklich Entscheidendes, oder dieses wirklich Entscheidende wird niemals passieren. "Romanian names" wurde deshalb mit großen Ambitionen und neuem Label angepackt - und doch zum ersten Vanderslice-Album, das tatsächlich vollkommen egal ist.
Das ist quasi unerklärlich, aber dann doch ganz einfach: Vanderslice probiert hier allerhand mit Drumcomputern, Kaminfeuer-Elektronik in "C&O canal" oder Klaviergerüst für "Carina constellation", aber er macht nie so viel, dass man nicht mehr wohlwollend/mitleidig sagen könnte, er sei "sich treu geblieben." Die Songs auf "Romanian names" aber, die haben Ben Gibbard, Jason Lytle und Elliott Smith alle schon geschrieben, besser sogar und einfallsreicher, letztlich mit mehr Mut zu übermalten Rändern und größerer Selbstsicherheit beim Ausdruckstanz zwischen den Stühlen. Selbst das kammermusikalische "Hard times" am Ende von "Romanian names" bleibt zu jeder Sekunde Stil- und Fingerübung - problemlos geglückt natürlich, aber doch ein Song, wie ihn Vanderslice seit jeher im Schlaf aufnehmen kann. Ausschließen will man da gar nichts.
Fahrt nehmen wenigstens das sympathisch ausgebeulte Intro von "Fetal horses" und der Buchstabierwettbewerb aus "D.I.A.L.O." auf - zu einer gemein vertrackten, vornehmlich computergesteuerten Schunkelnummer stellt Vanderslice hier ironischerweise fest, dass man sich am besten selbst vergessen sollte, um vorwärts zu kommen. "Romanian names" aber weiß immer ganz genau, was es ist und kann, wo es herkommt und wie es ausgehen wird; weshalb mehr Songs den dringenden emotionalen Punch gebraucht hätten, mit dem "Sunken union boat" austeilt. Wieder Klavier, eilige Akustikgitarre und eine Marcel-Proust-Geschichte über die erneuernde Kraft von längst verdrängten Erinnerungen. Man könnte also auch sagen: Das musikalische und konzeptuelle Gegenstück zu "D.I.A.L.O.", aus dem sich aber nicht die Spannung ergibt, die solche Kontraste versprechen. Vanderslice kennt all das einfach schon zu gut und zu lange. Er könnte immer so weitermachen, und wahrscheinlich wird er das auch tun.
Highlights & Tracklist
Highlights
- D.I.A.L.O.
- Sunken union boat
Tracklist
- Tremble and tear
- Fetal horses
- C&O canal
- Too much time
- D.I.A.L.O.
- Forest knolls
- Oblivion
- Sunken union boat
- Romanian names
- Carina constellation
- Summer stock
- Hard times
Referenzen
Spotify
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