Ray LaMontagne - Gossip in the grain
WarnerVÖ: 02.05.2009
Biologisch abbaubar
Etwas wirklich falsch machen kann Ray LaMontagne ja an sich gar nicht mehr. Keine Skandale, keine Klatschgeschichten, durch und durch positive Kritiken für seine beiden letzten Alben "Trouble" und "Till the sun turns black", das hat man gern als Musiker. Eine angenehme Stimme hat er auch. Und durch den Bart wird er immer öfter mit einer sagenumwobenen Person verglichen, die zufällig nun mit Madonna angebandelt haben soll - könnte sich aber auch um eine Verwechslung handeln. Ein Messias für Liebhaber der ruhigen Stunden ist Ray LaMontagne allemal, der Spezialist für die kuscheligen Stunden. Was also hätte passieren können bei den Aufnahmen zu seinem dritten Album "Gossip in the grain"? Dass er es in den Sand setzt? Nicht ganz. Dafür klingt das Endergebnis zu stark gewässert. Oder auch zu kleingemahlen. Wie man es auch dreht und wendet: Irgendetwas stimmt nicht.
Der Opener "You are the best thing" ist es zumindest nicht. Mit den Anfangstiteln kennt LaMontagne sich aus, man denke nur an "Bere here now" vom letzten Album und natürlich ganz besonders an "Trouble" vom gleichnamigen Debüt - das waren große Klassiker und die perfekten Einleitungen für romantische Stunden. Wobei diese hier aus der Reihe schlägt mit den vielen Bläsern und der generell schwungvollen musikalischen Untermalung. LaMontagne entdeckt den wahrhaftigen Crooner in sich und fetzt mit Leib und reichlich Soul übers Parkett. Ganz klar einer seiner besten Songs, und das soll erst der Anfang sein? Nun ja, eigentlich schon. Nur der Rest verschlägt einem auf andere Art die Sprache als gedacht. Ray LaMontagne hat an Innovation verloren. Wie John Mayer, einst ein durchaus ernstzunehmender Musiker, der nur noch durch Bettgeschichten auf sich aufmerksam macht, oder auch Jason Mraz, der sich munter durch die Videoclips grinst, ansonsten aber ein gefälliges Stück nach dem anderen veröffentlicht, bleibt auch bei "Gossip in the grain" die Besonderheit LaMontagnes bisheriger Musik auf der Strecke. Dabei geht es nie tief in den Abgrund - nur leider auch nie hoch hinaus.
"Winter birds" ist wieder eines dieser Lieder, wie man sie von ihm gewohnt ist, nur von der Gitarre begleitet, dunkel, tief, mit dem einzigen Lichtblick in LaMontagnes heller Stimme. Hatte man aber bei den Vorgängeralben bereits nach fünf Minuten mit einer Ganzkörper-Gänsehaut zu kämpfen, plätschern die meisten Songs auf "Gossip in the grain" vor sich hin, ohne dass sie auf Anhieb im Gedächtnis bleiben könnten. Gut, dass es Songs wie "Hey me, hey Mama" gibt. Die vergisst man nicht so schnell. Im Countrystil geht es ab auf die Farm von Onkel Ray, der auf der Terrasse sitzt, am Banjo zupft und die Trompeten tröten lässt. "Gossip in the grain" ist anders, so wie es auch "Till the sun turns black" schon war. Veränderung ist gut, Fortschritt wäre besser.
Da hilft auch die Liebesbekundung an "Meg White" nicht, eingeleitet vom Ennio-Morricone-Gedächtnispfeifen. Zwar klingt es äußerst charmant, wie LaMontagne seine sicher nicht ganz ernst gemeinten Stalkerambitionen gegenüber der White-Stripes-Drummerin bekundet, doch scheint es etwas deplatziert. Zu aufgeplüscht klingen die schnelleren Stücke, zu steif wirkt der Interpret dabei. "A falling through" hilft dem Album über das Ende hinaus, sich aus dieser angespannten Lage zu befreien, bevor der Hörer vollkommen den Faden verloren hat. Begleitet von einer weiblichen Stimme im Hintergrund, entfaltet sich hier Ray LaMontagnes gesangliches Talent, und zusammen mit der Gitarre und den ruhigen Streichern bekommt man nun auch endlich die Gänsehaut, auf die man vorher lange warten musste. Das Highlight des Albums, neben dem Opener, ist aber dennoch "I still care for you", die Hymne, wie sie auf keiner Platte des Sängers fehlen darf. Genug Getreide gemahlen hat er mit diesem Album - hoffentlich backt Ray LaMontagne das nächste Mal dann wieder kleine Brötchen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- You are the best thing
- I still care for you
- A falling through
Tracklist
- You are the best thing
- Let it be me
- Sarah
- I still care for you
- Winter birds
- Meg White
- Hey me, hey Mama
- Henry nearly killed me (It's a shame)
- A falling through
- Gossip in the grain
Referenzen
Spotify
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