Conor Oberst And The Mystic Valley Band - Outher south

Wichita / Cooperative / Universal
VÖ: 08.05.2009
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Irgendwas in Amerika

Gerade jetzt ist die Stimmung ja alarmierend gut unter den Schwergewichts-Songwritern Amerikas. Wenn Ryan Adams nicht eben Kaffee, Nikotin oder seine Karriere absetzt, arbeitet er mit den freundlichen Harmlosigkeiten seiner Cardinals daran, zum Jon Bon Jovi des denkenden Mannes aufzusteigen oder sich wenigstens ein "B" vor den Vornamen zu verdienen. Bonnie 'Prince' Billy hat zuletzt dermaßen wenig Dunkelheit gesehen, dass ihm böswillige Musikjournalisten schon ein Glücklichkeitsproblem anhängen wollten. Und Elvis Perkins scheißt gleich ganz drauf, nennt seine neue Truppe In Dearland und treibt sich mit ihren "White album"-Variationen die Dämonen aus, bis selbst ein gestandener Selbstexorzist wie Conor Oberst neidisch geworden sein muss. Die Backingband steht jetzt auch bei ihm auf Albumcover und Pressefotos herum - für die Geschichte von "Outer south" aber ist das noch nicht mal der Anfang.

Die Mystic-Valley-Männer Nik Freitas, Taylor Hollingsworth und Jason Boesel durften jeweils zwei Songs der Platte schreiben und singen, und abgesehen vom verhallten, verwackelten, fabelhaften Vintage-Oberst aus "White shoes" und dem weniger niederschlagenden "Ten women" wurden alle Stücke auf besonders breiten Bandsound geschliffen. Selbst die Nashville-Politur des letzten Bright-Eyes-Albums "Cassadaga" zielt da in die falsche Richtung: "Outher south" ist explizit kein Folk oder Country, sondern bei vollem Bewusstsein zu einer Rock'n'Roll-Platte, circa "Blonde on blonde", ausformuliert worden. Der Ton ist unbeschwert, mitunter gar übermütig, die Arrangements sind aufwändig - und die Songs die belanglosesten, die jemals mit dem Namen Oberst in Zusammenhang gebracht wurden.

Es gibt nur zwei Stücke auf "Outer south", die alle Stärken und Möglichkeiten einer vollständig aufgestellten Band wirklich ausschöpfen: den abgewetzten Hemdsärmelrocker "Roosevelt Room", der sein erstes Gitarrensolo schon nach 20 Sekunden hinter sich hat und Oberst in seltener Giftigkeit um sich spucken sieht, und den Bilderbuch-Memphis-Blues von "I got the reason #2", das seine Spielfreude in E-Piano- und Orgelspiralen auslebt, bis es auch als B-Seite von "Like a rolling stone" durchkommen würde. Dagegen aber stehen Stücke wie "Air mattress", das mit einem selten penetranten Synthie-Loop und allgemeiner Aufgekratztheit vor entsetzten Gesichtern herumfuchtelt, und "Difference is time", das in weitgehender Ereignislosigkeit vorführt, wie lang alle Zeit der Welt tatsächlich werden kann. Beides keine Oberst-Songs, aber so einfach ist es am Ende natürlich auch wieder nicht.

Freitas' energischer Aufwühler "Big black nothing" und Hollingsworths seltsam verbogene Mörderfantasie "Snake hill" haben locker mehr Sprit im Tank als Obersts fahriger Leichtfuß-Shuffle aus "Spoiled"; letztlich kommt man aber eh nicht weiter, wenn man die Songs und Songwriter von "Outer south" gegeneinander ausspielen will, weil das Album erst in seiner 70-minütigen Vollständigkeit zum Ärgernis wird. Selbst der leidenschaftlichste Allessammler sollte hier fünf, sechs Lieder finden, von denen er sich ohne Bauchschmerzen trennen könnte, und die Texte dazu sind auch nur gut, wenn man sie, wie überhaupt die ganze Platte, als Abhandlungen und -wandlungen der klassischsten US-Rock'n'Roll-Klischees versteht. So bleibt "Outer south" Geschichtsunterricht aus der ersten Reihe, aber ohne eigenen Input - und irgendwas stimmt wirklich nicht in Amerika, wenn Elvis Perkins plötzlich der spannendste Songwriter-gone-Bandleader ist.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • White shoes
  • Roosevelt Room
  • I got the reason #2

Tracklist

  1. Slowly (Oh so slowly)
  2. To all the lights in the windows
  3. Big black nothing
  4. Air mattress
  5. Cabbage town
  6. Ten women
  7. Difference is time
  8. Nikorette
  9. White shoes
  10. Bloodline
  11. Spoiled
  12. Worldwide
  13. Roosevelt Room
  14. Eagle on a pole
  15. I got the reason #2
  16. Snake hill
Gesamtspielzeit: 70:00 min

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