Soundtrack - Dorfpunks
PIAS / Rough TradeVÖ: 24.04.2009
Das Tor zur Welt
Ist das Punk? Die Frage beschäftigt nicht nur die Hauptprotagonisten mitsamt der dazugehörigen Elternschaft in Lars Jessens Verfilmung von Rocko Schamonis "Dorfpunks"-Roman. Nein, auch manch ein Käufer des parallel zum Kinostart erschienenen Soundtracks wird sich angesichts des einen oder anderen Beitrages schulterzuckend eben jene Frage stellen. Wenn ein gewisser Ernst Kahl in bester Helge-Schneider-Manier Textzeilen wie "Der schönste Hund im Ru-hu-del / Das ist nun mal der Pu-hu-del" raushaut, kann man sich getrost an den Kopf packen. Reim’ Dich oder ich fress' Dich. File under: So sch…, dass es schon wieder gut ist. Oder zumindest amüsant.
In die gleiche Kategorie fällt "Spiesser", ein Mitschnitt einer Songprobe, wie sie dilettantischer nicht sein könnte. "Mann, das ist scheiß Punkrock, Leute. Das muss mehr knallen." Tut es zuweilen sogar auch. Slime, ein Urgestein der deutschen Punkszene, darf gleich zu Beginn mit der Hymne "Hey Punk" das System, die Bild-Zeitung und das Bürgertum zum Teufel wünschen. Die altehrwürdigen Fehlfarben kommen mit "Gott sei Dank nicht England" daher. Und Stiff Little Fingers steuern ihren 78er-Klassiker "Alternative Ulster" bei, nachdem The Buzzcocks über die vollkommen unpunkige, fast schon epische Spielzeit von sieben Minuten ihr "I believe" zum Besten gegeben haben.
Die musikalische Untermalung für das Leben von ein paar jugendlichen Punks Anfang der Achtziger in der schleswig-holsteinischen Bedeutungslosigkeit hat allerdings noch mehr zu bieten als die klassischen drei Akkorde. Die Spannbreite quer durch das vor- und vorvorletzte Jahrzehnt reicht von Synthie- und Elektro-Pop über New Wave bis hin zu Jazz und Blues. Die ansonsten auch auf kommerziellen Achtziger-Sampler vertretenen Talk Talk mit dem zeitlosen "It’s my life" muten zunächst zwar ebenso seltsam an wie das nicht minder famose "Self control" von Laura Branigan, reihen sich aber bestens in die übrige illustre Runde aus The Stranglers, Haysi Fantayzee, Heaven 17, Captain Beefheart & The Magic Band oder Siouxsie & The Banshees ein. Ein kunterbunter Haufen. Und wie heißt es so schön im Film: "Also, auf einer Skala von nullgeil bis vollgeil, war’s doch schon weit über halbgeil. Würd’ ich sagen." Würd' ich hier auch.
Highlights & Tracklist
Highlights
- It's my life (Talk Talk)
- John Wayne is big leggy (Haysi Fantayzee)
- Self control (Laura Branigan)
- Alternative Ulster (Stiff Little Fingers)
Tracklist
- Hey Punk (Slime)
- Gott sei Dank nicht England (Fehlfarben)
- It’s my life (Talk Talk)
- Im Wald (Jakob Ilja)
- Duchess (The Stranglers)
- Spiesser (Fuck Of Tomorrow)
- John Wayne is big leggy (Haysi Fantayzee)
- Self control (Laura Branigan)
- Nach der Party (Jakob Ilja)
- I believe (The Buzzcocks)
- Alternative Ulster (Stiff Little Fingers)
- Let me go (Heaven 17)
- Wishing (If I had a photograph of you) (A Flock Of Seagulls)
- Italien (Jakob Ilja)
- Quatre (Robert Hermel and Henri Renaud)
- Pudelsong (Ernst Kahl & Kayser)
- Strand (Jakob Ilja)
- Bluejeans moonbeams (Captain Beefheart & The Magic Band)
- Snowgirl (The Pop Group)
- Spellbound (Siouxsie & The Banshees)
- Strandkörbe (Jakob Ilja)
- Rand der Scheibe (Dorfpunks All Stars)