Maximo Park - Quicken the heart
Warp / Rough TradeVÖ: 08.05.2009
Der flotte Dreier
Wer bis drei zählen kann, ist klar im Vorteil. Oder auch nicht. Hat eine gefeierte Band nämlich erst einmal ihr drittes Album draußen, wird es ernst. Jedenfalls, wenn sie in die Finger der spitzfindigen Rezensenten von Plattentests.de gerät, die ja bekanntlich immer etwas zu mäkeln haben. Franz Ferdinand? Unlängst mit "Tonight: Franz Ferdinand" doch merklich in der Bewertungsskala gesunken. Kaiser Chiefs? Mit "Off with their heads"In den unterdurchschnittlichen Bereich gerutscht. Und die Arctic Monkeys schwächelten sogar schon bei der zweiten Platte "Favourite worst nightmare". Würden sich Maximo Park also nur die Bohne für die auf dieser Website vertretenen Ansichten interessieren, hätten sie sich beizeiten vorsorglich in Watte gepackt.
"A certain trigger" platzte vor explosiven Clubhits mit Hirn und Widerhaken, "Our Earthly pleasures" ließ es zwar ruhiger angehen, überzeugte aber mit aufgefächerter Stilvielfalt, behutsamer Weiterentwicklung und nicht zuletzt "Books from boxes", dem bis dahin wohl besten Song der Band. Hätte sich die namensgebende Grünanlage nicht in Kuba, sondern irgendwo in Indieland befunden, sie wäre inzwischen wohl wegen Überfüllung geschlossen. Und wie es aussieht, wird sich daran bis auf weiteres nichts ändern. Auch nicht nach "Quicken the heart". Schon "Wraithlike", seit geraumer Zeit zum kostenlosen Download bereitstehend, haut einem zu Anfang einiges um die Ohren: Tempowechsel, Stakkato-Riffs, im Hintergrund heulende Synthi-Sirenen. Unveränderte Marschroute also: es dem Hörer bitte nicht zu leicht machen. Auch wenn die ersten Worte dieses Albums lauten: "Here's a song you can finally understand." Vorausgesetzt, man hört genau hin.
Wer das weiterhin tut - kaum ein Song zündet auf Anhieb -, dem werden beim folgenden "The penultimate clinch" der schubbernde, Joy Divisions "Transmission" zunickende Basslauf und die Nähe zum rütteligen Post-Punk der Rakes nicht entgangen sein. Die Single "The kids are sick again" tarnt sich mit rotierendem elektronischem Flächenbrand zunächst als hermetisches Gebilde und kriegt erst gegen Ende den Dreh zum konzisen Indie-Hit mit Tendenz zur Hymne - dann aber richtig. Dabei wirkt bei aller gebotenen Kürze nichts gehetzt, unbedacht oder übers Knie gebrochen. Maximo Park wissen eben, dass Pop ein Drei-Minuten-Ei ist und man sich alles, was man in dieser Zeit nicht zu sagen vermag, genausogut sparen kann. Und schon schlägt die Pumpe wieder schneller. Kein hektisches Herzrasen vielleicht, aber dafür um so freudigere Erregung. Zwölf Songs lang.
In diesen traut Paul Smith wie üblich längst nicht allen Dingen über den Weg, die so verführerisch glitzern wie das güldene Artwork, und präsentiert sich oft als geistreicher wie wortgewandter Zyniker. Macht seinen Mitmenschen ihre Selbstzufriedenheit mit einem süffisanten "You're looking so pleased with yourself / I'm gonna come over there and wipe that smile from your face" madig. Wie das mit der Liebe noch gleich war, weiß er auch nicht mehr genau: "I don't remember it well / I was in love for a spell". Und die kranken Kids? Machen bestimmt heimlich die gleichen Doktorspiele, von denen ungewohnt explizit im zu blubbrigem Slap-Bass groovenden "Let's get clinical" die Rede ist. Und wer es offensichtlicher mag, für den bleiben immer noch das prächtige "A cloud of mystery" mit explodierendem Refrain in bester "Nosebleed"-Manier oder Rocker wie "In another world (You'd have found yourself by now)" zum Strubbeligmachen auf der Tanzfläche. Alles kann, nichts muss. Sauertöpfische Unkerei, nur weil eine Veröffentlichung zufällig die soundsovielte ist, angesichts dieses ausgereiften Albums erst recht nicht. Wie man überhaupt auf so eine Idee kommen kann.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The penultimate clinch
- The kids are sick again
- A cloud of mystery
- Let's get clinical
Tracklist
- Wraithlike
- The penultimate clinch
- The kids are sick again
- A cloud of mystery
- Calm
- In another world (You'd have found yourself by now)
- Let's get clinical
- Roller disco dreams
- Tanned
- Questing, not coasting
- Overland, West of Suez
- I haven't seen her in ages
Im Forum kommentieren
jo
2021-10-10 08:08:24
Dann hör' ruhig noch mal in das aktuelle rein, Moped. Da hatte ich zumindest schon von mehreren gehört, die auch eher die von dir genannte Seite der Band mögen, dass es ihnen sehr gefällt.
MopedTobias (Marvin)
2021-10-09 21:58:30
Ich kenne die letzten beiden Alben kaum, mag davon ab "Our earthly pleasures", "Quicken the heart" und "Too much information" am liebsten. Generell gefällt mir die Band eher dann, wenn sie weniger "Dampf" macht.
jo
2021-10-09 21:47:53
Sehe ich überhaupt nicht so. Sehe ziemlich alle Alben auf einem ähnlichen Niveau. Vorteile je nach Tagesform.
James Bondage
2021-10-09 21:45:51
Man hat 2009 gemerkt, dass bei der band die luft raus war.
Alles klingt auch sehr klinisch und unspektakulär produziert, bei vielen Songs wäre mit mehr Dampf mehr drin gewesen.
Ein Album mit Licht & Schatten. 6/10 und im Vergleich mit den Vorgängern eine Enttäuschung.
Ihre Hochzeit:
Certain trigger 9/10
Our earhly 8/10
Jetzt wirds durschnittlich:
Quicken 6/10
national Health 8/10 (total unbeweret das Album)
Too much information 6/10 (wegen dem sehr starken "Leave this island)
Jetzt gehts bergab:
Risk to exist 4/10 (das war wirklich die Bankrotterklärung)
Neues Album 4/10 (kein Deut besser)
bei den letzt genannte Alben helfen auch die angeblich tollen texte nichts, wenn die Musik einen nicht abholt
jo
2021-10-09 17:27:05
Kann euch beiden nur zustimmen. "Calm" ist super - und das Album habe ich am Anfang des Jahres sehr oft gehört und mag es weiterhin sehr.
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Referenzen
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