Gentleman Reg - Jet black
Arts & Crafts / Al!veVÖ: 02.05.2009
Der heiße Brei
Arts & Crafts, dieses in Toronto ansässige Super-Label, hat ja quasi ein unkündbares Jubel-Abonnement bei der internationalen Musikpresse. Während die kanadische Regierung darüber hersinnt, das beständige Ärgernis der eigenen Währung in "Stars", "Feist" und "Stills" zu reformieren sowie jedem die Staatsbürgerschaft abzusprechen, der nicht einmal wenigstens 8/10 auf Plattentests.de kassiert hat, winken die Labelverantwortlichen nur müde ab. Lieber präsentieren sie mit Gentleman Reg, aka Reg Vermue, den neusten Brillanten aus ihrer Indie-Pop-Meisterschule. Der ist schon ewig dabei, kennt die Großen von Stars bis Broken Social Scene zumindest per Handschlag. Im Vorfeld von "Jet black", Vermues Debüt für Arts & Crafts, grüßen sie alle mit Lobeshymnen zurück. Einfach mal auf der Platte mitspielen wollten sie freilich nicht.
Doch auch ohne sie strotzt "Jet black" nur so vor Indie-Gitarren-Pop, der perlt, flippt und schnippt - allerdings nicht immer wirklich zuzupacken vermag. Bevor mit "When heroes change professions" ein erster Song so richtig knackt, hat der Hörer bereits drei ausgesprochen lieblichen, harmonisch wertvollen Schunkel-Rockern anständig Fersengeld gegeben - sie sich darauf aber postwendend wieder aus der Erinnerung gewippt. Ein Problem, das dem Album treu bleibt.
Denn Vermue spielt zwar die klassischen Indie- und Laid-back-Riffs, dekontextualisiert sie aber derart in einen Flüsterkosmos hinein, dass man manchen Song anschreien möchte, er möge doch bitte mal die Hosen herunterlassen. Keine Chance: Hier wird unablässig sublimiert, verweichert, um den heißen Brei gemampft. Einzelne große Momente funktionieren freilich nur so und nicht anders. So schaukelt der Schlafwagen des Valentines-Covers "Rewind" als einzige Schlummer-Parade ins Ziel. Eine Melodie genau zwischen Kinderlied und Gospel-Trauer wird zu einem mehrgestimmten Choral zersungenen, der einem ganz von alleine die Puschen auszieht.
Auch das folgende "We're in a thunderstorm" tuckert als wahrer Himmelstürmer durch sanft pumpende Elektro-Bässe und klackernde Flageolett-Töne. Als hätten New Order Jamiroquai geremixt - dabei aber jeglichen Funk wieder vor die Clubtüren gekarrt. Mehr noch: Dieser Club ist ein wackelndes Zucken, mit Argusaugen aus dem Orbit bewacht - ganz prima und ätherisch. Der Song indes stammt erneut nicht aus Vermues Kleinhirn. Bei so viel Co-Credits will sich der allerdings nicht lumpen lassen und präsentiert mit "Falling back" den eindeutig besten Song aus eigener Feder. Ein wunderbar zuckelnder Mitnicker, in all seiner Unterkühltheit genau richtig temperiert, um im Refrain großherzig aufzugehen. Gleich darauf zieht sich Vermue allerdings erneut in noch mehr Wohlklang und Midtempo zurück. Nein, auch das Ende von "Jet black" säuselt irgendwie verschüchtert vor sich hin. Das abschließende "Rudy" versucht zwar mit erneut hochgedrehten Gitarren und Orgelwirrnis noch mal alles zu geben - ergibt sich letztlich aber doch nur seinem Schicksal. "There's no point in going back when a masterpiece is crumbling." Diese wahrlich große Zeile streicht das Album aus der Mitte von "Rescue" heraus zu Vor- und Nachspiel zusammen. Ein "Vermue" wäre in dieser Währungsreform in etwa ein halber "Stars". Etwas, womit man rechnen muss. Mehr aber auch nicht.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Rewind
- We're in a thunderstorm
- Falling back
Tracklist
- Coastline
- To some it comes easy
- You can't get it back
- When heroes change professions
- How we exit
- Rewind
- We're in a thunderstorm
- Falling back
- Oh my God
- Everlong
- Rudy
Referenzen