Super Furry Animals - Dark days / Light years

Rough Trade / Beggars / Indigo
VÖ: 24.04.2009
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Die Sonnenwender

Wenn eine Platte im April 2009 herauskommt und das erste Lied darauf heißt "Crazy naked girls", dann kann einem natürlich niemand erzählen, dass da keine schmutzigen Gedanken dahinterstecken. Wer längst so tief in seiner eigenen Spezialisten-Nische steckt wie die Super Furry Animals, kann dem Zeitgeist schließlich auch mal bei vorteilhaftem Rückenwind ans Bein pinkeln - und so bricht der Opener ihrer neunten Platte "Dark days/Light years" in käsefrischen sechs Minuten sechzehn gleich mal Grillpartystimmungs-Samples, ein Poser-vor-dem-Herrn-Gitarrensolo und Schwerfälligkeitsfunk übers Knie, bis der Meniskus von ganz alleine mitwippt. Jux und Tollerei also jetzt bei Gruff Rhys und Anhang; nach dem Bienchen-und-Blümchen-Pop von "Hey Venus!" blieb ihnen ja quasi gar nichts anderes übrig, um den Laden sauber zu halten.

"Dark days/Light years" allerdings hat natürlich eine sehr eigene Auffassung von Spaßmusik: Nur weil diesmal alles ein bisschen lockerer sitzt, muss man sich schließlich noch lange nicht das Experimentieren austreiben lassen. So ist das Album je nach Track und/oder Tagesform gleichzeitig das zugänglichste und versperrteste der Super Furry Animals seit beinahe einem ganzen Jahrzehnt. "Inconvenience" baut seine überdrehten Glamrock-Phantasien um "Helter skelter"-Backgroundvocals und ein weiteres triefnasses Gitarrensolo herum. "Moped eyes" spielt den Funk des weißen Mannes mit der Abgeklärtheit echter Genre-Hopping-Veteranen. Und "Cardiff in the sun" rollt in seinen acht Minuten jeden erdenklichen Soundteppich zwischen Dreampop und analoger Elektronik aus, ohne sich die kleinste Anstrengung anmerken zu lassen. Wenn jemals eine Super-Furry-Animals-Platte von selbst funktioniert hat, dann diese hier.

Für "Dark days/Light years" ist das Fluch und Segen zugleich: Das Album ist trotz seiner beachtlichen Ausmaße nur selten schwierig anzuhören - ihm fehlt aber auch das Spektakuläre, ein echter Ausreißer mal oder wenigstens ein zweites Ausrufezeichen wie "Inaugural trams". Als wäre es nicht schon hirnrissig genug, sich einen in jeder Hinsicht wasserdichten, ökologisch tiptop verträglichen Popsong über die Nahverkehrsmittel der Zukunft auszudenken, holen sich Super Furry Animals hier auch noch Exil-Schotte und Urbayer Nick McCarthy (Franz Ferdinand) dazu, der mit eindrucksvollem Plemplem daran erinnern darf, wie tot der Deutschrap tatsächlich ist. Selbst ein Songtitel wie "The very best of Neil Diamond" muss dagegen verblassen - vor allem wenn dem zugehörigen Song nur standardisierter, wenn auch weiterhin konkurrenzfähiger Weirdo-Rock einfällt.

So werden Super Furry Animals hier also nie so spannend, wie ihr Knick in der Logik immer wieder zu versprechen scheint. Ihre hohe Kunstfertigkeit, ihre Bemühungen um stetige Beweglichkeit und sicherlich auch ihre Routine im Ausschöpfen der eigenen, unverändert sehr breiten Möglichkeiten schließen noch immer von vornherein aus, dass einem mit "Dark days/Light years" langweilig werden könnte. Wenn aber schon jemand so frech ist, heutzutage noch ein bisschen Spaß zu haben, und den Blick nicht bloß über jede denkbare Sinn- und Finanzkrise hinauswagt, sondern den ganzen Bullshit einfach ignoriert - dann will man natürlich auch mehr hören als eine Platte, die einem ganz angenehm um den Bauchnabel herumpinselt.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Inaugural trams
  • Inconvenience

Tracklist

  1. Crazy naked girls
  2. Mt.
  3. Moped eyes
  4. Inaugural tras
  5. Inconvenience
  6. Cardiff in the sun
  7. The very best of Neil Diamond
  8. Helium hearts
  9. White socks / Flip flops
  10. Where do you wanna go
  11. Lliwiau llachar
  12. Pric
Gesamtspielzeit: 59:54 min

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