The Dø - A mouthful

Ministry Of Sound / Edel
VÖ: 17.04.2009
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Spieltriebgesteuert

Auch Schnapsideen machen besoffen. Und Olivia Merilahti und Dan Levy können schon kaum noch gerade gehen, so oft wie die beiden offenbar an der eigenen Kreativ-Bar Kurze aufs Haus bekommen. Als The Dø torkeln die zwei Franzosen behände mit ihrem guten Freund "Pop" im Arm über musikalische Grenzen hinweg, nicht ohne vorher den Schlagbaum bunt angemalt und den Geschmacks-Grenzern den Stinkefinger gezeigt zu haben. Den Ablauf beim Einfalls-Exzess darf man sich ungefähr so vorstellen: Gut angeheitert von ein paar Gedankenspielen plündern die beiden zunächst eine Musikalienhandlung, um darauf zu vorgerückter Stunde in der WG von Avantgarde und Indie die Türen auszuhängen und mit einem geklauten Didgeridoo Radau zu machen. An die Kopfschüttler: Vorsicht, das hier könnte Spaß machen!

Am nächsten Tag wartet schließlich kein Kater, sondern ein Prachtstück von Opener wie "Playground hustle": Da ruft eine Sezessionskriegs-Querflöte der verspielten Art einen Jungen- und einen Mädchenchor zum Sandkasten-Gefecht, nur damit am Ende ein rumpelnder Bass und ein gestrichener Fuchsschwanz auf einer verspult getexteten Flirt-Metapher davonreiten können. Solche gewitzten Streiche denkt sich nur die Postmoderne aus, in der The Dø wahrlich zuhause sind: Schon der Bandname spannt den kosmopolitischen Bogen weit mit seiner Mixtur aus englischem "The Do" und der skandinavisch-französischen Aussprache "The deux". Die Musik dazu präsentiert sich wie eine Ikea-Filiale: weltbürgerlich, freundlich, hip und bunt. Als gedanklicher Überbau käme etwa die Villa Kunterbunt in Frage.

Die probierverrückte Grundstimmung ist nur der Anfang: Merilahtis quietschige Zitronenbiss-Stimme muss man mögen, wenn sie im übertypischen Indie-Hit "On my shoulders" fast zu offensichtlich mit schüchterner Mädchenmusik kokettiert, oder ihre zerkauten Vokale in "The bridge is broken" dem Stück eine Gören-Haltung anheften. Der bewusst hingeworfene Indie-Chic ist aber nur die halbe Wahrheit. Je länger "A mouthful" dauert, desto mehr spinnt das Album herum, legt an Gewicht zu, bis es schließlich völlig in die Breite geht vor lauter Stil- und Sound-Allerlei. Anbetungswürdig ist Merilahtis schräge Eminem-Nachahmung "Queen dot kong", mit "Song for lovers" und "When was I last home?" finden sich zudem zwei bedrückend schöne Balladen. "Unissasi laulelet" bietet finnisch gesungene Folklore mit Samba-Touch an, und "Aha" ist eine packender Bastard aus englischem Junghund und französischem Indie-Elektro zum Tanzen. Sogar für stille Dramatik ist mit "Searching gold" noch Platz.

Es ist beinahe eine Erleichterung, wie unbeschwert The Dø in ihrem Indie-Pop mit allem jonglieren: Genres, Stilmitteln und Symbolen, Konventionen - die Ukulele aus "Stay (just a little more)" für einen streicherverhangenen Spaziergang durch die Ironie vom Strand wegzuzerren, scheint da nur konsequent. Für besonders viel Ernst bleibt ohnehin kaum Raum, wenn der Spieltrieb die Fantasie mitzieht. The Dø verquicken die kindliche Neugier und Ideenvielfalt von Olivia Merilahti mit der musikalischen Raffinesse des Jazz- und Filmkomponisten Dan Levy. Darum, und auch, weil "A mouthful" in allen Farben schillert, ohne sich sofort ganz Preis zu geben, taugen Band und Album zum Pop-Mythos. Freut euch, Indie-aner: Dank The Dø ist Weltmusik ab jetzt etwas Erfreuliches.

(Dennis Drögemüller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Playground hustle
  • Queen dot kong
  • Tammie
  • Aha

Tracklist

  1. Playground hustle
  2. At last!
  3. On my shoulders
  4. Song for lovers
  5. The bridge is broken
  6. Stay (just a little bit more)
  7. Unissasi laulelet
  8. Tammie
  9. Queen dot kong
  10. Coda
  11. Searching gold
  12. When was I last home?
  13. Travel light
  14. Aha
  15. In my box
Gesamtspielzeit: 52:15 min

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