Therapy? - Crooked timber

DR2 / Intergroove
VÖ: 20.03.2009
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Der harte Kern

Fies. Hart. Schnell. Am besten: Sehr laut. Ein leicht tonloses Stakkatoriff in kratzigem Garagensound sägt sich in den Gehörgang, bis es mit der Unterstützung eines glasharten Basses und sehr fetten Drums direkt im Lustzentrum landet. Diese Art Schmerz tut so gut. Andy Cairns' Gesang dazu ist mehr ein heiseres Flüstern, kurz vor dem Abgleiten in die Psychose. "The head that tried to strangle itself" ist ein Manifest der Freiheit und der Unabhängigkeit. Auch von Erwartungshaltungen.

Im Jahr 20 ihrer Bandgeschichte strecken die zum Trio geschrumpften Therapy? mal wieder all jenen den Mittelfinger entgegen, die zu wissen glauben, was man von den drei Iren erwarten kann. Rock'n'Roll? Heavy Metal? Schrammelakkorde und Mitgröhlrefrains? Von wegen. "Crooked timber" ist rhythmusorientiert, vertrackt, bösartig und strukturell nicht auf Anhieb zu durchschauen. Wer jetzt findet, dass das irgendwie nach Hardcore klingt, ist auf der richtigen Spur.

Gemeinsam mit Produzent Andy Gill haben Therapy? einen Sound kreiert, der das Beste aus zwei Welten miteinander verbindet. Während Gitarre und Gesang, ab und zu auch mal die Snaredrum und die Becken, mit dreckigem Punksound aus dem Kellerloch daherkommen, macht sich darunter ein Bassfundament breit, das knallhart, hochtransparent und mit kalter Präzision auf den Punkt kommt. Eine Garage aus Glasbausteinen, etwa in der Mitte zwischen Tool und Shellac errichtet.

Therapy? fühlen sich in der neuen Behausung sichtlich wohl und probieren mal so einiges aus. "Clowns galore" und vor allem "Exiles" sind als die bösen Cousins von U2 maskiert, "Enjoy the struggle" schreit gradezu nach einer tobenden Moshpit und flirtet wie "Somnambulist" heftig mit NoMeansNo, während der Titelsong eine Balade mit ankergroßen Widerhaken ist. Richtig daneben geht eigentlich nur "Magic mountain", ein überlanges Instrumental mit ausgeprägtem Fahrstuhlcharakter, das auch die Warteschleife der Servicehotline Deines neuen Telefonanbieters beschallen könnte.

Therapy? erfinden natürlich auf "Crooked timber" nichts neu. Außer sich selbst. Das schaffen nach zwei Jahrzehnten nur noch die wenigsten. Die Iren kommen zielstrebig auf den Kern ihrer Band zurück. Der liegt in den Neunzigern, ist hart, laut, rotzig und kümmert ich einen Scheiß um Erwartungshaltungen. Schon gar nicht um die von Karaokefans und Luftgitarristen.

(Rüdiger Pater)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The head that tried to strangle itself
  • Enjoy the struggle
  • Somnambulist
  • Blacken the page

Tracklist

  1. The head that tried to strangle itself
  2. Enjoy the struggle
  3. Clowns galore
  4. Exiles
  5. Crooked timber
  6. I told you I was ill
  7. Somnambulist
  8. Blacken the page
  9. Magic mountain
  10. Bad excuse for daylight
Gesamtspielzeit: 49:22 min

Im Forum kommentieren

Wolffather

2009-04-05 22:26:29

Tja, hatte ich ja geschrieben: "nach dem 1. Durchgang bleibt nichts hängen und man wird etwas ratlos zurückgelassen"

Bloß nicht die Platte nach dem ersten Durchgang weglegen!
Und ja, unbedingt Suicide Pact mehr Chancen einräumen!

Magoose

2009-04-05 21:36:03

Richtig überraschend die neue, nach drei Durchgängen richtig gut. Dabei wollte ich die Platte nach dem ersten Durchlauf bereits abhaken, wie gut, dass ich nochmals reingehört habe.

Wie oben schon erwähnt, weniger nach Troublegum-Machart mit Catchy-Mitgröhl Melodien, dafür sehr rhythmusorientiert und reduziert und furztrocken abgemischt.

Gefällt mir gut, nimmt in der ewigen Therapy Rangliste damit Platz 2 hinter Troublegum und vor High Anxiety ein und erzählt mir, dass ich Suicide Pact vielleicht doch noch eine Chance geben sollte.

Auf jeden Fall deutlich besser als der berechenbare Krampf der letzten beiden Alben.

Highlights:
Clowns Galore
Exile
Crooked Timber

TTT

2009-04-01 16:20:24

...mann könnte mal wieder zugreifen, zumal die "suicide pact" mir sehr gut gefällt....

Wolffather

2009-04-01 16:17:46

Nicht schlecht, die Rezi... wenigstens ein Rezensent hat die Scheibe verstanden

Obrac

2009-03-26 22:10:04

Ich finde die Platte eigentlich gar nicht mal so anstrengend. Nach drei, viermal Hören bilden sich doch ein paar sehr feine Melodien heraus. Sind natürlich keine offensichtlichen Hits wie "Die laughing" oder "Screamager", aber das ist halt nicht die Idee hinter der Platte. Mal sehen, wie sie sich entwickelt.

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