Empire Of The Sun - Walking on a dream
Virgin / EMIVÖ: 13.03.2009
Smoothie operators
Wenn der erste Gedanke zu einem Album ein Zitat von Hartmut Engler ist, hat man den Eintritt ins Abenteuerland schon längst bezahlt. Und schwebt, in Indianer- oder Prinzessinnenverkleidung, mit Funkelperlenaugen und mächtig viel Theater von einem Seiltänzertraum zum nächsten, bis man schließlich alle Grenzen überschritten hat und im Phantasialand ankommt. Ist der Verstand schon ruiniert, gilt es, wenigstens die Abwrackprämie zu kassieren - Empire Of The Sun hätten da was Hübsches im Angebot: synthetischen Dream-Pop aus regenbogenfarbenem Achtziger-Jahre-Konzentrat, Tüll, Polyester, Halluzinogenen, Kinderknete, E 128, Marshmallow-Masse, Glücksbärchis, Seifenblasen, psychedelischen Nebelschwaden und 99 Luftballons. Dazu trägt der modebewusste Herr futuristisch-extravagante Kostüme, irgendwo zwischen Prunksitzung, Christopher Street Day, Star Wars und Las Vegas. Helau, möge die Macht mit Euch sein, rien ne va plus.
Luke Steele alias The Sleepy Jackson und Nick Littlemore, der bislang mit der elektronischen Tanzmusikkapelle PNAU auffällig geworden ist, liegen also ganz im Trend, und ihnen scheint auch der Siegeszug von MGMT nicht entgangen zu sein. Wobei die Australier dann doch auf eigene Faust zurück in die Zukunft reisen und diesen zehn Stücken ihren ganz individuellen Wahnsinn einhauchen. Dank Cut Copy und den Midnight Juggernauts weiß man ja schon, dass es in Down Under derzeit drunter und drüber geht. Doch trotz reichlich Höhensonne wirkt dieses Debütalbum außerordentlich tiefenentspannt und schlürft genüsslich den einen oder anderen Smoothie. Erdbeer, Banane, Himbeer-Vanille.
"Walking on a dream" und "We are the people" sind die übermütigen Überhits mit Glitterglue-Sound, paillettenbesetztem Falsett-Refrain und einer herrlichen Zuckerwattigkeit. Steele singt "We are always running for the thrill of it", und man zweifelt keine Sekunde an seinen Worten. Das könnte natürlich auch daran liegen, dass man in Absatz eins seinen Verstand abgegeben hat. Aber den hätte sowieso spätestens "Swordfish hotkiss night" geraubt, mit seinen unverschämt sexy geflüsterten Vocals und überaus bissfesten Beats, die so viel Bumms haben wie eine Chilisauce für echte Kerle. Justin Timberlake würde vermutlich nur noch röcheln. "Delta bay" huldigt zwischen Kindergarten und Irrenhaus, Irrgarten und Kinderhaus dem kreativen Chaos, während das Instrumental "Country" in der Rolle des Chill-Instructors ein wenig Seelenbaumelei empfiehlt. Und die Panflöte ist keine Fata Morgana. Zum Finale gönnen sich die Australier mit "Without you" noch eine Engtanz-Schnulze, die wirklich kein Klischee auslässt und nur diese eine Schlussfolgerung erlaubt: Empire Of The Sun sind die Sonnenstichkönige. Und Du bist Phantasialand.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Walking on a dream
- We are the people
- Swordfish hotkiss night
Tracklist
- Standing on the shore
- Walking on a dream
- Half mast
- We are the people
- Delta Bay
- Country
- The world
- Swordfish hotkiss night
- Tiger by my side
- Without you
Referenzen
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