Malajube - Labyrinthes

Dare To Care / City Slang / Rough Trade
VÖ: 06.03.2009
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Die Feinmechaniker

Oft genug sind es nur kleine Justierungen, die aus dem Pfiffigen etwas Großes werden lassen - wie der kleine Dreh, der die Maschine erst beim Übertakten wirklich geschmeidig laufen lässt. Auch die Montrealer Indie-Rock-Schrauber Malajube sind Feinmechaniker eines Stils, der ohnehin bereits chic ziseliert daherkommt. Und doch fallen, wenn sie ihre Werkzeuge auspacken, mindestens ebenso viele Späne wie Goldpüderchen vom Himmel. Das zeigte sich spätestens an ihrem zweiten Album, dem mit Musikpreisen hoch dekorierten "Trompe l'œil": Es war derart präzise melodiös, dass man an beliebiger Stelle einsteigen konnte und doch nie Gefahr lief, etwas von seinem Wohlklang zu verpassen - denn das Gesamtwerk erschloss sich quasi zu jeder Sekunde punktgenau. Bei "Labyrinthes" ist das nicht viel anders, weshalb auch hier bei einem beliebigen Teilchen begonnen werden kann. Etwa bei der Tastenarbeit Thomas Augustins.

Dessen Keyboard-Spiel übernimmt zunächst die rhythmische Grundversorgung und sperrt den Weg frei für Bass und Schlagzeug, die bei "Porte disparu" und "Luna" entweder einzelne Betonungen durchdrücken oder in minimalen Abweichungen davonzuckeln - immer wieder imitiert es aber auch Orgel, Glockenspiel oder Marimba und verstreut die gesamte Rhythmik abwechselnd ins Traumwandlerische, Puderzuckrige oder auch heimtückisch Gekrümmte. Der Grundtenor von Songs wie "Casablanca", "Ursuline" oder "Tout-puissant" bleibt dabei stets sehr freundlich, Einstein-frisiert und doch kompakt. Die "Huhuhu"-Choräle gestikulieren durch den Hintergrund von "Dragon de glace" und "Casablanca" wie durch einen Louis-de-Funès-Film, gleichzeitig aber nehmen derbe Gitarrenwände ordentlich Anlauf zum Auf- und Abdrehen. Und überhaupt verschwinden die eindeutigen Zuordnungen stets in einem Getümmel aus sehr fintenreichen, im Songaufbau jedoch kaum greifbaren rhythmischen Wendungen, mehrstimmigen vokalen Glanztaten sowie drückenden, aber nicht wirklich hässlich verzerrten Akkorderuptionen. Et voilà (um auch die frankophonen Texte nicht unerwähnt zu lassen): Zufällig irgendwo begonnen, ist man bereits ein paar Sätze später beim Gesamtbild angekommen.

"333" und das hinterfotzig grummelnde "Cristobald" wären noch am ehesten die Prototypen eines geradeaus gestampften Melancholie-Rocks, ebenso der wahrlich massive Schlussakt von "Les collemboles" - doch auch hier fließt schließlich alles ineinander, als hätten Malajube bei der großen The-Sea-And-Cake-Matinée der Spinto Band all ihre überkandidelten Ideen geklaut und sie postwendend für "diesen Chuck Norris da drüben" eingetauscht. Um ihn anschließend - über den eigenen Wahnwitz feixend - bäuchlings durch den Tanzboden zu werfen. So war es bereits der größte Verdienst von "Trompe l'œil", dass es den Hörer nahezu schwindelig spielte, dabei aber nie die Kontrolle über die Mechanik verlor, die den Kasten am Rattern hielt. Auch "Labyrinthes" haut erst so richtig den Lukas, wenn der Kopf von all dem Jahrmarktsgewimmel bereits gut durchgebraten ist. Spätestens dann aber nimmt diese Musik kein Blatt mehr vor den Mund. Sie ist gefährlich, vor allem für all diejenigen, die meinen, das Exzentrische, Druckvolle oder Geschmeidige reiche allein schon aus. Malajube haben all das auf einmal - und bringen es dicht gedrängt zur Entfaltung.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ursuline
  • 333
  • Cristobald

Tracklist

  1. Ursuline
  2. Porte disparu
  3. Luna
  4. Casablanca
  5. 333
  6. Les collemboles
  7. Heresie
  8. Dragon de glace
  9. Le tout-puissant
  10. Cristobald
Gesamtspielzeit: 39:03 min

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