Alela Diane - To be still

Fargo / Rough Trade
VÖ: 20.02.2009
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Wachstumsschmerzen

Alela Diane klang auf ihrem Debütalbum wie niemand sonst unter den Songwritern, und es könnte daran gelegen haben, dass sie im Prinzip noch ein Kind war, damals. "The pirate's gospel" war spartanisch in der Außenansicht, verbohrt und beinahe abweisend, was Dianes Gesang betrifft, aber erstaunlich tief und belohnend, wenn man versuchte, den ebenso erschütterten wie erschütternden Familienliedern darauf auf Augenhöhe zu begegnen. Fünf Jahre nach der Aufnahme und ein Jahr nach der Veröffentlichung des Albums erscheint nun "To be still", und es ist offensichtlich vom ersten Song an, dass Diane sehr viel besser weiß, was sie tut. Ihre neue Platte ist Folk, Country, Blues und sogar Pop - Begriffe jeweils, die "The pirate's gospel" nur unbefriedigend beschrieben hätten. Und all das ist sie mit unverrückbarer Überzeugung.

Der Sprung ist nicht so furchtlos wie zwischen den beiden ersten Alben von Dianes guter Freundin Joanna Newsom, aber trotzdem sehr beachtlich: Konsequent ausarrangierte Lieder, mittelgroße Bandbesetzung und mehrere Gastsänger nehmen "To be still" die Einzigartigkeit seines Vorgängers, während für Diane gleichzeitig Möglichkeiten entstehen, sich in bisher ungekanntem Umfang auszutoben. Sie hat jetzt ein Banjo im Song "The alder trees", der es glücklicherweise auch so schafft, nicht nach "Howdy!" und Sporenstiefeln zu klingen. Sie steht neben einer abgedämpften Country-Fiddle, wenn "White as diamonds" souverän am Squaredance vorbeisteuert. Und sie lässt sich auch keinen Flachmann unter die Nase halten, obwohl das Titelstück von seiner Slide-Gitarre fünfeinhalb Minuten lang Richtung Rustikalität geschoben wird. Es gibt viel Altbekanntes auf "To be still", aber keine Klischees, keine billige Romantik.

Das Ding ist nämlich: Eigentlich hat sich Diane überhaupt nicht verändert, selbst wenn jetzt mal ein Song wie "The ocean" zum Beat einer Bassdrum beginnt, bevor Folkpicking- und Latin-Gitarre dazukommen. Der Vorhang mag dicker sein und edler aussehen - dahinter bleibt Diane aber das gleiche Mädchen mit Sitz in Kalifornien, einem Liebhaber irgendwo in der Wüste und dementsprechender Beziehungskiste. Er kann nicht zurückkommen, sie will ihm nicht folgen, und nahezu alles auf "To be still" spielt sich deshalb in einer Zwischenwelt von Heimat und Natur ab, kreist um Wölfe, Eulen, Sonnenaufgänge und andere Ausmalbilder in Amerikas großem Songbook. Der Trick ist aber wieder: Dianes Poesie findet neue Blickwinkel auf die alten Metaphern, so wie auch ihre Musik Folk, Country, Blues und sogar Pop sein kann, ohne sich um deren Betriebsanleitungen zu scheren. "The pirate's gospel" war die Platte von draußen. "To be still" behindert das Tagesgeschäft von innen heraus. Erwachsene machen das nun mal so.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • White as diamonds
  • Age old blue
  • To be still
  • The ocean

Tracklist

  1. Dry grass & shadows
  2. White as diamonds
  3. Age old blue
  4. To be still
  5. Take us back
  6. The alder trees
  7. My brambles
  8. The ocean
  9. Every path
  10. Tatted lace
  11. Lady divine
Gesamtspielzeit: 47:13 min

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