Scott Weiland - Happy in galoshes

Softdrive / New West / Blue Rose / Soulfood
VÖ: 23.01.2009
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Der Messie

Scott Weilands zweites Soloalbum nach "12 bar blues" aus dem Jahr 1998 ist ein Beet aus Kraut und Rüben. Weiland selbst schiebt das Durcheinander auf die vielen Stile und Richtungen, die Einfluss auf sein Songwriting haben. Als außenstehender Beobachter könnte man auch fragen, wieviel Aufgeräumtheit von jemandem zu erwarten ist, dem innerhalb kürzester Zeit verschiedene Schläge in die Magengrube zuteil wurden. Anfang 2007 starb Weilands Bruder Michael, Ende 2007 gaben Weiland und seine Frau ihre Scheidung bekannt, kurz darauf wurde der Sänger bei Velvet Revolver gegangen. Dazu kommen die Altlasten aus Drogen und der bipolaren Störung Weilands, die dessen Stimmung von einer Sekunde auf die andere unvermindert umschlagen lässt. Weilands Art ist aber nicht die der selbstmitleidigen Problembewältigung eines Kollegen wie Keith Caputo. Verdrängung ist das Gebot der Stunde.

Weiland kann sich dabei auf treue Gefährten verlassen: Seine Stimme, sein Charisma und das Händchen für gute Songs, die ihn zu einer Ikone der frühen 1990er machten, blieben ihm erhalten. Die beiden Singles "Missing Cleveland" und "Paralysis" referieren sonnengegerbt und mit einer Portion Melancholie über die guten, alten Zeiten. Das Ende des ersten Teils des Doppelalbums ertrinkt mit dem schönen "Beautiful day" in Engelschören, Trompete, Posaune und einem French Horn ertrinken. Und doch hinterließ die Mischung aus persönlichen Tiefschlägen, Weilands kippligem Charakter und dem Zeitfaktor - einige Songs sind bereits mehrere Jahre alt -, auf ""Happy" in galoshes" ein ziemliches Durcheinander. Das abstoßende Bowie-Cover "Fame" spielte Weiland zusammen mit dem Trance- und Dance-DJ Paul Oakenfold ein. Dieses Ungetüm aus HipHop, Electro und Inspirationslosigkeit unterbietet sogar noch Weilands Kollaborationen mit Limp Bizkit. Gleich darauf folgt "Killing me sweetly", eine Ballade mit Akustikgitarre und Bossa-Geschmack, die zwar noch knapp an den Sphären eines Frank Farian vorbeischrammt, aber trotzdem andeutet, dass hier etwas grundsätzlich schief läuft. Und der süffisante Discotizer "Big black monster" versucht erst gar nicht, sich aus der Tiefebene heraus zu quälen.

Um seine künstlerischen Ambitionen und seine ungeheure Vielseitigkeit weiter zu unterstreichen, hat Weiland der europäischen Version seines Albums gleich noch eine Bonus-CD mit neun weiteren Stücken beigelegt. Das Original von Palo Altos "Some things must go this way" wurde gerne mit Radiohead verglichen, was Weilands Version als weiterer Latino-Schnurre nicht passieren wird. Zum The-Smiths-Cover "Reel around the fountain" auf der Zusatz-CD können Johnny Marr und Morrissey unmöglich ihr Okay gegeben haben. Und als Bonus zum Bonus hat Weiland auch noch das katholische Kirchenliedchen "Be not afraid" auf dem Album versteckt. Eine Notbremse hat er dabei jedoch nicht vorgesehen.

Der Absturz findet dennoch nicht statt, ist Weiland doch weit davon entfernt, alles falsch zu machen. Der eine oder andere großartige Song ragt sogar aus der Mittelpracht heraus. Nicht nur beim stilistischen Hin-und-her von "Fame", "Killing me sweetly" und "Big black monster" will Weiland jedoch einfach zu viel und wird dabei Opfer seiner eigenen Ambitionen. Ohne dieses unwürdige Käse-Trio und die anderen verpatzten Coverversionen hätte es mit ""Happy" in galoshes" also wirklich etwas werden können. Warum dem wankelmütigen Ex-und-jetzt-doch-wieder-Sänger der Stone Temple Pilots niemand einen Tipp gegeben hat, bleibt fraglich. Schließlich hatte Weiland nicht nur Tony Kanal, Adrian Young und Tom Dumont von No Doubt als Band um sich gescharrt, sondern auch noch Langzeitpartner Doug Grean und den großen Steve Albini an den Reglern. Sie alle hätten gegensteuern können, sie taten es nicht. War schon Weilands Debüt nicht gerade ein homogenes Album, verharrt auch sein zweites Soloalbum in schöner Tradition. Solange ""Happy" in galoshes" aber Weiland immerhin hilft, über Verlust und Schmerz hinwegzukommen, ohne wieder zu den vermaledeiten Drogen zu greifen, soll das recht sein.

(Kai Wehmeier)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Missing Cleveland
  • Paralysis
  • Beautiful day

Tracklist

  • CD 1
    1. Missing Cleveland
    2. Tangle with your mind
    3. Blind confusion
    4. Paralysis
    5. She sold her system
    6. Blister on my soul
    7. Fame (feat. Paul Oakenfold)
    8. Killing me sweetly
    9. Big black monster
    10. Beautiful day
  • CD 2
    1. Crash
    2. Hyper-fuzz-funny-car
    3. The man I didn't know
    4. Sometimes chicken soup (Dig my way to China to find you)
    5. Some things must go this way
    6. Pictures & computers (I'm not Superman)
    7. Sentimental halos
    8. Reel around the fountain
    9. Arch enemy
    10. Be not afraid
Gesamtspielzeit: 90:19 min

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