The Rifles - Great escape
ADA Global / Rough TradeVÖ: 30.01.2009
Standardsituation
Eins vorweg: The Rifles sind unsere Jungs. Allein für ein so schmissiges Debüt wie "No love lost" und Statements wie "Für eine Band ist es total wichtig, dass sie zu Beginn kleine Konzerte an abgefuckten Orten spielt, die kaum größer sind als eine Toilette." Oder für die bodenständige Selbsteinschätzung, einfach ehrliche Musik jenseits irgendwelcher Hypes zu machen. Auch wenn das lange angekündigte zweite Album ohne ersichtliche Gründe um dreieinhalb Monate verschoben wurde, zwischendurch den Titel geändert hat und der vorab als Download verschenkte Song "Talking" nun doch nicht drauf ist. Aber es gibt ja schließlich noch elf andere neue Stücke.
Sogar Paul Weller war von "No love lost" so begeistert, dass er das Quartett gleich an "As is now"-Produzent Stan Kybert weiterreichte. Nicht, dass das nötig gewesen wäre, denn auch Lightning-Seeds-Mann Ian Broudie hatte den Londonern vor zweieinhalb Jahren ja einen famosen Britrock-Scheppersound ohne Bügelfalten verabreicht. Und so halten sich auch auf diesem Album alle Beteiligten an alte Tugenden. Fast durchgängig temporeiche Songs, frech zerspringende Gitarren, freundlich rotzender Kumpelgesang. Woran liegt es also, dass "Great escape" einen am Ende doch nicht so unwiderstehlich überrollt wie sein Vorgänger? Hätte es diesmal vielleicht doch ein bisschen mehr sein dürfen?
Im Gegenteil: Eher sogar ein bisschen weniger. Denn statt ihre Musik so aufs Wesentliche reduziert zu belassen wie bisher, geben The Rifles ihr auf diesem Album zusätzlich Streicher, Mellotrone und andere Soundspielchen mit, bei denen sich noch herausstellen muss, ob sie bei einer Band gut aufgehoben sind, die absichtlich Schlichtes über sich selbst spricht. Dass die Single "The great escape" den Weg des geringsten Widerstandes wählt, ist nachvollziehbar, verleiht ihr aber den leichten Makel des Erledigtwerdens. "The general" dagegen protzt so dickhosig mit mehreren übereinandergelegten Gitarrenschichten, Orchesterspitzen und Trompete, dass Joel Stokers Stimme Mühe hat, an die Oberfläche vorzudringen.
Zum Glück machen The Rifles längst nicht um alle Songs so viel Aufhebens. "Science in violence" etwa beweist gleich zu Anfang, dass auch ein etwas größerer Sound problemlos mit simplem, aber effektivem Songwriting vereinbar ist. "Romeo and Julie" spart sich Punkt und Komma und klingt am deutlichsten nach gern gehörten Hits wie "Local boy" oder "She's got standards". "History" verzögert erst mit nervösem Geticker, flüchtet sich aber bald in einen wunderbaren Refrain. Und bei den sonnig knospenden Licks von "Winter calls" ist es durchaus legitim, kurz an The Smiths zu denken. Dennoch bleiben einige Fragen offen: Sommer oder Winter? Standardsituation oder mutiger Vorstoß? Zumindest für "Great escape" gilt trotz des Titels mehrheitlich ersteres. Doch, wie eingangs erwähnt: The Rifles sind unsere Jungs. Die schaffen das schon. Und müssen bis dahin bestimmt nicht mehr in Bedürfnisanstalten auftreten.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Science in violence
- History
- Winter calls
Tracklist
- Science in violence
- The great escape
- Fall to sorrow
- Sometimes
- Toerag
- History
- Winter calls
- Out in the past
- Romeo and Julie
- The general
- For the meantime
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