Itchy Poopzkid - Dead serious

We Are My / Sony BMG
VÖ: 23.01.2009

Schlimme Finger

Normalerweise sind Rockmusiker ja Fabelwesen. Unfassbar. Unmenschlich. Nicht von dieser Welt. Möglicherweise auch von sonst keiner. Reden tun sie nur mit Auserwählten. Außer im Fernsehen sieht man sie sonst nur gegen Bezahlung. Schlafen tun sie sowieso nie. Oder essen. Oder irgendwas. Hat eigentlich mal jemand David Bowie pinkeln sehen? Itchy Poopzkid sind die Gegenthese zum Rockmusiker. Junge Männer, bei denen es schon vom Start weg für keine krediblen Künstlernamen gereicht hat. Eine Band, die aus Freunden gemacht ist, die sich Sibbi, Panzer und Sailor nennen. Eine, wie man sie sonst vielleicht noch im örtlichen Juze findet. Eine Band, von der man sich wünscht, dass es Dutzende von ihnen geben würde. Tatsächlich gibt es Tausende.

Der Unterschied zwischen Itchy Poopzkid und unser aller Freizeit-, Proberaum-, Dorffest- und Guitar-Hero-Band? Es gibt eigentlich keinen. Der Bandname hinterlässt schon auf Litfasssäulen der Provinz kaum bleibenden Eindruck. Die Musik hat man in aller Welt schon in besser gehört. Die kleinen Provokationen erschrecken keinen über 13 mehr. Und die Songs sind genauso gecovert, wie das alle machen. Na, irgendwie. Lediglich der Plattenvertrag, der jetzt schon drei Platten hält, der passt nicht so recht ins Bild. Itchy Poopzkid sind kleine Fische in einem viel zu großen Becken. Nimmt man "Dead serious" als Maßstab, scheint das ihnen weiterhin durchaus Spaß zu machen. Schon im Clip zur Auskopplung "The living" beweisen sie Selbstironie und treiben einen Mann in den Wahnsinn, der stellvertretend für all jene stehen könnte, die Itchy Poopzkid schon immer wieder zurück hinter den Mond gewünscht haben.

Eine gute Dreiviertelstunde bunt Gemischtes haben sie aufgenommen. Eine Dreiviertelstunde, in der sie sich innerhalb der eng gesteckten Koordinaten - Punkrock und Ähnliches - austoben. Nie zu heftig, man hat ja eine MTV-Lobby zu verlieren. Und nie zu gefährlich, man möchte ja vor 23 Uhr noch unzensiert auf jeder Oberstufen-Party gespielt werden. Trotzdem gelingt es Itchy Poopzkid mittlerweile weitestgehend unfallfrei, von pianoverschnörkeltem Powerpop ("Learn to drown") auf Poppunk-Anheizer ("Never be the same (The sane)") umzuschalten. Und dann mit "As long as I got chords" noch ein Liebeslied an jene drei Akkorde hinterherzuschieben, mit denen seit den Ramones schon andere echte Magie geschaffen haben. Nur: Ist "Dead serious" deshalb eine aufregende, gute, spannende Platte, über die man euphorisch Hymnen schreiben möchte? Hm, nee.

(Sven Cadario)

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Itchy Poopzkid - Six (2015)

Itchy Poopzkid - Ports & chords (2013)

Itchy Poopzkid - Lights out London (2011)

Itchy Poopzkid - Time to ignite (2007)

Itchy Poopzkid - Heart to believe (2005)