The Dead Science - Villainaire
Constellation / Al!veVÖ: 29.08.2008
Des Wahnsinns kesse Beute
Nur eine tote Wissenschaft ist eine gute Wissenschaft. Welche Wissenschaft "The Dead Science" aus Seattle auf "Villainaire" präsentieren, ist leicht zu erkennen: die des Falsettgesang, eingebettet in vertrackte Rhythmen. Doch was heißt hier Wissenschaft? "Villainaire" präsentiert 40 Minuten Exaktheit, Repetitivität und Maschinen, durch die mit rasender Geschwindigkeit Teilchen geschossen werden. Und wenn man Pech hat, knallt es. Solche Teilchenbeschleunigungsmaschinen können schon einmal durchscheppern, denn: Genie und Wahnsinn befinden sich oft in Äquidistanz, wenn es um die Ausartungen der menschlichen Existenz geht.
Ebenfalls nicht neu ist, dass weißkittlige, formelhafte Wissenschaft und spontan ausbrechende Kreativität nicht in Widerspruch stehen müssen. Dass diese gar nicht so tote Wissenschaft zu einer anschmiegsamen Muse wird, ist dann aber doch überraschend und erfüllend. In "Wife you" erkennt der Geist die Geilheit, wie man es selten zuvor wahrgenommen hat. Kurz: Das große Theater!
Dieses zwischen Muse oder "Black lane", durchgeknallten Super Furry Animals wie bei "Death duel productions", dem finsterem Jazz-Rock von "Make mine marvel" und melodischem Post-Irgendwas hin und her taumelnde schwarze Nichts gerät zwar häufig in wahnwitzige Schlingerfahrten und Beschleunigungsarien - es kehrt aber niemals während der gesamten Spielzeit vollständig von der vorgegebenen Fahrbahn ab, sondern kratzt jede Kurve gerade noch so. Am Ende funktioniert es. Und im Ziel siegt die E-Gitarre, wie verzerrt sie auch immer gestimmt sein mag. Der Wahnsinn wirkt so würdevoll und wunderbar.
Weinerlich wird es zum Glück nicht, auch wenn sich zum Falsettgesang ein übermächtiges Pathos hinzugesellt und das an Langsamkeit auf "Villainaire" nicht zu unterbietende "Lamentable" einen kurzzeitig dazu verleitet, Taschentücher hervorzuholen, um sich die Tränen und vielleicht ein paar Kajalreste aus den Augen zu wischen. Dieses Wagnis gelingt, denn letztlich ergreift einen auch das. Und mit dem anschließenden "Death duel productions" ist es sowieso wieder hinfällig, wenn ein Trommelgewitter Stoßgebete gen Himmel sendet, und Sam Mickens gewaltige Psalme aus der Unterwelt beisteuert.
Am Ende bleibt jedoch völlig gleichgültig, wo The Dead Science auf "Villainaire" Ideenreichtum, Verspieltheit und die manchmal gar an die Babyshambles erinnernde ungebrochene Zerbrechlichkeit denn hernehmen. Wichtig ist, dass, wie in der Wissenschaft, alles in einer Fraglosigkeit mündet. Fraglos wird hier ein Gütesiegel auf das Album gepappt. Fraglos wird konstatiert, dass Größenwahn unterhaltsam und anspruchsvoll zugleich sein kann.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Throne of blood (The jump off)
- Death duel productions
- Wife you
Tracklist
- Throne of blood (The jump off)
- The dancing destroyer
- Make mine marvel
- Monster island czars
- Lamentable
- Death duel productions
- Wife you
- Holliston
- Black lane
- Sword cane
- Clemency
Im Forum kommentieren
Soup Dragon
2009-01-12 19:33:26
Verdammt gute und spannende Band. Wie Xiu Xiu in eingängig oder eine geheime Zusammenarbeit von Parenthetical Girls (kauft euch auch noch unbedingt die "Safe As Houses") und 31 Knots. Wer mit beiden erstgenannten Bands etwas anfangen kann, der dürfte dieses Album lieben: Der exaltiert weinerliche Gesang trennt da die Spreu vom Weizen. Tour gab's schon im letzten Herbst, hab's leider auch verpasst.
chucky
2009-01-12 18:58:47
Eines der seltsamsten Alben, die ich seit langem gehört habe. Man stelle sich vor, man nimmt Muse alles was sie an Bombast haben, reduziert sie auf das Nötigste und setzt die ganze Band dann noch komplett auf Drogen. Kann man sich nicht vorstellen? Wahrscheinlich. Muss man aber mal gehört haben, diese Platte, wie gesagt sehr sehr seltsam... aber auch cool irgendwo.
keiler
2009-01-12 16:29:52
ich bin auch scharf wie sau auf dieses album. sind die auf tour? die sollen mal ganz schnell herkommen. wenn sie es nicht schon waren...
matzenberg
2009-01-12 16:20:01
Hat jemand das Album und kann was darüber sagen? Make Mine Marvel von der myspace Seite ist ja schon mal ziemlich gut, aber wie ist so der Rest?
Bin auf Antworten gespannt.
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Spotify
Threads im Forum
- The Dead Science - Villainaire (4 Beiträge / Letzter am 12.01.2009 - 19:33 Uhr)