Marianne Faithfull - Easy come easy go

Naive / Indigo
VÖ: 14.11.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Besuch der alten Dame

Diebstahl ist ja so alt wie die Menschheit. Und das Nachspielen von altbewährten Stücken der Musikgeschichte so alt wie, ja die Musikgeschichte selbst. Darüber hinaus gibt es aber einige Belege dafür, dass die fast ausschließliche Verwertung von Fremdmaterial zu einem herausragenden, abwechslungsreichen Hörvergnügen werden kann. Und das unabhängig vom Geschlecht. Auf männlicher Seite bewies Tom Jones mit "Reload", dass gut geklautes Gut mehr Schmiss haben kann als das eigene Werk, wenn man sich nur die richtigen Gäste dazu einlädt. Auf weiblicher Seite schmückte sich Cat Power gleich zweimal mit fremden Federn: Mit "The covers record" und dem überwältigenden "Jukebox" . Nun beglückt uns die Britin Marianne Faithfull gleich doppelt: mit einem Doppel-Coveralbum und, wer hätte das gedacht, mit brillanter gesanglicher Unterstützung von Antony Hegarty, PJ Harvey, Rufus Wainwright und anderen.

Allzu viel geschieht nicht bei der 61 Jahre alten Blues- und Drogenlady, aber die kratzige harte Stimme sticht hervor und nimmt viel Raum ein auf Faithfulls "Easy come easy go". Beim Titeltrack, einem Bessie-Smith-Cover, könnte man fast meinen, einen weiblichen Crooner, gar einen weiblichen Tom Waits zu hören. Sehr viele Interpretationen sind deutlich an den Originalen angelehnt, so behält Faithfull beim Decemberists-Cover "Crane wife 3" Rhythmus und Gesangstechnik eines Colin Meloy bei und imitiert gar ein wenig dessen Stil. Leider ein wenig im Hintergrund tönt Nick Cave dazu in unnachahmlicher Manier und sorgt für noch mehr Tiefe. Zum Ausgang von CD1 wird es dann recht reduziert. Besonders begeistern kann das Smokey-Robinson-Cover "Ooh baby baby" im Duett mit Antony Hegarty, das zunächst nicht viel mehr kennt als die beiden Stimmen und ein Klavier, nach vier Minuten jedoch ungemein an Tempo aufnimmt und lospoltert.

Dass auf diesem Album nicht alles aus Klavier und Geige besteht und derart reduziert daherkommt (so dass man auf die Idee kommen könnte, in seiner eigenen Kammer selbst Begleitmusik zu den einzelnen Stücken zu spielen), zeigt unmittelbar der Auftakt von CD2. Faithfulls Versions von Black Rebel Motorcycle Clubs "Salvation" lässt alles links liegen und drischt ordentlich auf alles ein, was irgendwie gezupft oder mit Sorgfalt betätigt werden muss. Anschließend hält wieder Kerzenmusik für die einsamen Herbstabende Einkehr in den gewissenhaft ausgewählten Kosmos von Mrs. Faithfull. Und was bleibt dann nach dem abschließenden mit Drums & Pipes beladenen Traditional "Flandyke shore"? Es ist die Einsicht, dass man die Musikhistorie mit seiner Vielzahl an Stilen und Arrangements in einem einzigen Konzept vereinen kann. Von Traditionals bis zum Musical, von Sechziger-Pop bis Morrissey. Freude durch Imitation. Mrs. Faithfull ist so frei.

(Carsten Rehbein)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Crane wife 3
  • Ooh baby baby
  • Salvation
  • Flandyke shore

Tracklist

  • CD 1
    1. Down to Dover
    2. Hold on hold on
    3. Solitude
    4. Crane wife 3
    5. Easy come, easy go
    6. Children of stone
    7. How many worlds
    8. In Germany before the war
    9. Ooh baby baby
    10. Sing me back home
  • CD 2
    1. Salvation
    2. Black coffee
    3. The phoenix
    4. Dear God please help me
    5. Kimbie
    6. Many a mile to freedom
    7. Somewhere (a place for us)
    8. Flandyke shore
Gesamtspielzeit: 84:19 min

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