Cazals - What of our future

Kitsuné / Rough Trade
VÖ: 24.10.2008
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Heute ist morgen schon gestern

"So was hätte es früher nicht gegeben." Wer derlei Sätze von sich gibt, wird gerne schnell zum Ewiggestrigen gestempelt. Vor allem, wenn es um Popmusik geht, die bekanntlich von Veränderung, Dynamik und Fortschritt lebt. Oder das zumindest sollte. Crossover mag vor eineinhalb Jahrzehnten mal ein beachtenswertes Wagnis außerhalb der Norm gewesen sein, im Zeitalter von Dance-Rock, Indie-Folk oder gar Electrolore gehört der einst vielstrapazierte Begriff aber längst zum guten Ton. Auch Cazals geben sich größte Mühe: Auf Tour verschlug es den Londoner Fünfer schon mit so unterschiedlichen Acts wie den Babyshambles oder Daft Punk, einer von zwei Gitarristen hört eigenen Angaben zufolge lieber Digitalism als Rockmusik, und nach einigen Singles und Samplerbeiträgen erscheint auch ihr Debütalbum beim hippen französischen Elektroniklabel Kitsuné.

Das folglich nicht müde wird herauszustreichen, dass es am Ende eben um die Musik geht und nicht zwingend darum, welche Instrumente zu ihrer Produktion vonnöten waren. Und wer wie Cazals dieser Tage raue, angepunkte Gitarren mit erhöhter Tanzbarkeit koppelt, ist eben meist auf der sicheren Seite. Zum Beispiel mit der frisch aus der Tiefkühltruhe gezogenen Coverversion des Spandau-Ballet-Klassikers "To cut a long story short", die auch musikalisch in die trostlose Sozialkälte der Thatcher-Ära zurückführt. "Somebody somewhere" schlägt in eine rumpelrockige Aggression um und lässt im Hintergrund die Lads johlen, und auch "Life is boring" träufelt einem die alltägliche Tristesse zwischen Frühaufstehen, Arbeit und Feierabendbier catchy und tanzbar in die Gehörgänge. Die Rhythmussektion knattert mit angezogenem Tempo, Post-Punk-Gitarren zerplatzen krachend, und wer das erste Bloc-Party-Album immer noch für das beste hält, hat schon ab Stück zwei keine Fragen mehr.

Sänger Phil dagegen schon. Während die Band zumeist im oberen Geschwindigkeitsbereich operiert, arbeitet der sich im Großteil der Songs nämlich an allerlei emotionalem Unrat ab. Perspektivlosigkeit, Großstadtisolation, unerwiderte Liebe - und eigentlich nervt sowieso alles. Da kommt ein Album wie dieses, das negative Gefühle mit der richtigen Portion Power und Clubtauglichkeit gekonnt leiser dreht, also gerade richtig. Und weil Cazals eben gerne Tanzmusik hören, schleichen sich zur Mitte hin auch zweckmäßig eiernde Electro-Tracks wie "Comfortable silence" ein, ohne dass diese "What of our future" viel anhaben könnten. Die fünf erprobten Singles sind eine sichere Bank, und auch die restlichen Songs bleiben nicht weit dahinter zurück. Dennoch könnte dieses Album letztendlich mehr Überraschungen bieten, und dass hier schon jemand schneller war, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten. Trotzdem sind Cazals definitiv keine Band von gestern. Aber eben auch keine von morgen.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • To cut a long story short
  • Somebody, somewhere
  • Life is boring

Tracklist

  1. New boy in town
  2. To cut a long story short
  3. Somebody, somewhere
  4. A big mistake
  5. Comfortable silence
  6. Life is boring
  7. Control OSS-17
  8. We're just the same
  9. Poor innocent boys
  10. Both sides
  11. Time of our lives
Gesamtspielzeit: 37:45 min

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  • Cazals (3 Beiträge / Letzter am 02.12.2008 - 16:56 Uhr)